Die keltisch-gälische Christianisierung der nördlichen Ortenau

und das Starkbeben von 1601

 

-- Neuere historische und geowissenschaftliche Erkenntnisse --

                          

In memoriam Dr. Gerhard LÖTSCH (1930-2009)

                                                                                                         

                                                                   mit 20 Abb.

von

Prof. Dr. Dieter ORTLAM*

 

Copyright beim Autor, alle Rechte vorbehalten

 

Schlagwörter: Achera, Achern, Geologie, Löß-Profil, Hohbühl-Hundsrücken, Löß-Mächtigkeit, Geohydrologie, Acher, Acher-Delta, Feldbach, Mühlbach, Hochwässer, Katastrophen, Oberrheintal, Magdalenen-Flut, Rench, Kinzig-Murg-Niederung, Wasgenwald/Baskenwald, Dudelsack, Getreidespeicher, Geisterabwehr, Hainbänderschnecke, Kelten/Heiden, Heidenkirche, Heidenbach, Heidenheim, Heidenstadt, Heidenmauer, Heidenturm, Heidenfelsen, Heidenstein, Klauskirchl, Dunstkreis, Gründungskirche, Kloster, Allerheiligen, Prämonstratenser, Oktogon, Baugeschichte, Denkmalschutz, Petrographie der Bausteine, Granite, Granitwacken, Muschelkalk, Buntsandstein, Bausandstein, Kugelsandstein, (Löcher-) Diorit, Glazialgeologie, Inlandvereisung, Würm-Kaltzeit (= Eiszeit), Löss, Lösslehm, Kalkmörtel, Oberrheingraben, Erratika, Findlinge, Gletscher-Transport, Aspich, Lauf, Laufbachtal, Haft, Sasbach, Renchen, Ulm, Kappelrodeck, Straßburg, Vorbergzone, Ziegelsteine, Klosterformat, Rot- und Gelb-Ziegelsteine, Chlodwig, Zülpich, Lex Salica, Lex Alemannorum, Christianisierung, Missionierung (keltisch-gälisch), Nikolaus von Myra, Schutzpatron der Seefahrer, Drei Goldkugeln, Patrick, Brigida von Kildare, Dionysius Exiguus, Kloster Honau, Widigern (Bischof), Benedikt (Abt), Bonifatius, Deodatus, Fridolin, Gallus, Hilarius von Poitiers, Kilian, Kolumban, Korbinian, Lande(o)lin, Lantfried, Offo, Pirmin, Willibald, Willibrord, Heidenkirche/Freistett, St. Nikolaus-Kapellen Achern, Freistett, Gamshurst, Hausgereut, Honau, Kappelrodeck, Renchen, Adalbert (Etichonen-Herzog), Bistum Straßburg, Pippin d. J., Karloman, Karl d. Große, Zwangsumsiedlungen von Sachsen und Franken, Keltische Völkerwanderung (= KV), Gallische Völkerwanderung (= GV), Deutsche Völkerwanderung (= DV), Starkbeben, Unterwalden-Erdbeben 1601, Erdbeben-Domino-Effekt (= EDE), Erdgleiten, Tremoreffekt, Erdbebenschäden, Main, Po, Tsunami, Vierwaldstätter See, Luzern, Basel, Erdbeben 1356, Dreißigjähriger Krieg, Stephan-Kirche/Oberachern, Johannes-Kirche/Oberachern, Liebfrauen-Kirche/Achern, Kelten-Kreuze, Sonnen-Rad, Sühne-Kreuze in Achern, Oberachern, Renchen-Ulm und Kappelrodeck, „Menhire“ von Greffern, Kelten-Schrift, Ogham-Consaine, Tifinagh, Basken, Berber, Guanchen, Tuareg, Seevölker, Kelten, Phönizier, Chachapoya, Nebelvolk, Nord-Peru

 

1. Einleitung

 

Die Nikolauskapelle von Achern (nördliche Ortenau, Mittelbaden) ist an der Kreuzung zwischen der alten Römerstraße Offenburg/Baden-Baden und der Acher an der südlichen Begrenzung ihres Deltas gelegen. Das Acherdelta beginnt im Osten an der ehemaligen Bindfadenfabrik, heute Fa. (Holz-)Keller (Oberachern), und erstreckt sich im Norden vom Mühlbach – einem ehemaligen Hauptlauf der Acher (ORTLAM 2004) – bis zum heutigen Acherlauf entlang dem Acherrain via Acherner Lammbrücke im Süden. Das Delta endet im Westen etwa an der Bundesbahnlinie Basel-Frankfurt/M. in der Oberrheinebene. Das Acher-Delta wird geologisch eingerahmt vom granitbesetzten Bienenbuckel und von den älteren, Lösshügeln der Würm-Kaltzeit(>15.000a v. h. = größer/älter als 15.000 Jahre vor heute) des Antoniusbuckels, des Eiskellerwaldes, des Illenauer Waldes, der Sasbacher Lenderhöhe im Nordosten und des Höhenzuges Bölgen-Hohbühl/Hundsrücken (Kreiskrankenhaus Achern) im Südwesten (Abb. 1). Am Hohbühl-Hundsrücken erreicht die würmzeitliche Löss-Mächtigkeit nach neueren Aufschlüssen einen Rekordwert von 40m für Mitteleuropa. Die Basis dieses Lösses ist mit einer starken Lößschnecken-Fauna (Helix pomatia, Pupa muscorum, Helicella hispida) durchsetzt und wurde bei mehreren Bauten des Kreiskrankenhauses Achern in einer Mächtigkeit von 6m angeschnitten. Die risszeitliche Schichtenfolge (Hochterrassen-Schotter und Löss) ist in der alten Wasserwerksbrunnenbohrung „Wilhelmsthal“ mit >20m Mächtigkeit belegt.

Das Acher-Delta bildet somit die letzte Gefälle-Stufe der Acher vor dem Eintritt in die Oberrheinebene. Aufgrund dieser morphologischen Gegebenheit leitet sich auch der Name „Achern“ ab. Der ursprüngliche Name „Achera“ ist keltischen Ursprungs und heißt „am schnell fließenden Wasser gelegen“. Die verschiedenen Achen (= schnell fließende Bäche und Flüsse) der Alpen und deren Vorländereien weisen den gleichen sprachlichen Ursprung auf. Dies wäre ein erster Hinweis auf eine keltisch-gälische Beeinflussung des mitteleuropäischen Raumes, was auch für andere Bereiche in Europa und der Welt mit dem Namensstamm –gal abzuleiten ist. Hierzu einige Beispiele zum keltisch-gälischen Sprachen- und Besiedelungsdunstkreis:

Galläker (= Kelten in Großbritannien mit dem Dudelsack als Musikinstrument!),Gallien (Frankreich), Galway (Irland), Galloway (Schottland), Galicien (Nordwest-Spanien), Galizien (Süd-Polen/West-Ukraine: christliches Volk der Ozulen mit dem Dudelsack als Musikinstrument!), Galläker (Volk in Nordwest-Spanien mit dem Dudelsack als Musikinstrument!), Gallego (Ebro-Zufluss, Nordost-Spanien), St. Gallen (Schweiz, hl. Gallus), St. Gallenkirch und Galtür (Östereich), Gallarate (westliche Lombardei, Norditalien), Galla (südäthiopisches Hirtenvolk), Portugal, Senegal (West-Afrika), Gallinas (Kolumbien, Nordspitze Südamerika), Galveston (Texas), Galapagos-Inseln (Ost-Pazifik), Gallarate (Nord-Italien), Galatz (Rumänien), Galitsch/Galic (Dnjestr/Westukraine), 2x Gallipoli (Dardanellen/Türkei und Apulien/Italien), Galata (Istanbul), Galater (Türkei), Galiläa (Palästina), Inselgruppe Galite (Tunesien), die alten Schiffstypen Galeere, Galeone, Galeote und Galeasse, Galeoti (Ruderer), Galion (Galionsfigur am Schiffsbug), der Vogel Galander (Heide-Lerche), Galanthus (Schneeglöckchen), Gallone (angelsächsisches Hohlmaß), Gallerte (Sülze/Gefrorenes), Gallus (= gallischer Hahn), Galmei (Zinkspat), Galgant (Alpinia officinarum, Ingwergewächs aus Süd-China gegen die Seekrankheit der Seevölker/Kelten/Phönizier),Galopp (Pferdegangart), Galosche, Galan als zuvorkommender (galanter) Mensch (Frankreich/Gallien), Gala (= altes Fest zur Freude und Vergnügen).

Auch der ursprüngliche Namen der Vogesen -- der Wasgenwald -- leitet sich wahrscheinlich von „Baskenwald“ ab (FELL & MAASS 2003, S. 35 unten). Die Basken mit ihrer uralten Sprache werden bisher als die älteste Volksgruppe Europas angesehen. Ihre Rundhäuser – zusammen mit jenen auf Sardinien – weisen – neben den neuesten genetischen Erkenntnissen – auf nordafrikanische Ursprünge hin und damit auf die (nicht schwarzhäutigen) Stämme der Berber und Kabylen (Atlas-Gebirge), Guanchen (Kanarische Inseln) und der dunkelhäutigen nordafrikanischen Tuaregs mit ihrer gemeinsamen Tifinagh-Sprache und -Schrift. Die Basken wurden Mitte des 8. Jahrhunderts von Karl Martell (689-741 n. Chr.) nach den Schlachten von Tours (732 n. Chr.) und Poitiers (737 n. Chr.) in Frankreich gegen die Araber/Mauren und der Besetzung der südfranzösischen Aquitaine zusammen mit den Galliern ins Frankenreich umgesiedelt und die treuen Franken in der Aquitaine angesiedelt. Dies ist die erste bisher historisch bekannte Zwangsumsiedlung von Völkern im frühen Mittelalter (= Gallische Völkerwanderung Mitte des 8. Jahrhunderts, GV, hiermit), die später vom Enkel Karl Martells -- Karl d. Gr. (642-814 n. Chr.) -- mit den Sachsen und den Franken wiederholt worden ist (= Deutsche Völkerwanderung Ende des 8. Jahrhunderts, D, hiermit), um eine Zwangsbefriedung und die (korrupte) Grundlage für sein angestrebtes Kaisertum herbei zu führen, wie nachfolgend weiter ausgeführt wird.

Bei den o. g. Gal-Orten kommen interessanterweise nicht nur europäische sondern auch außereuropäische Orte vor, die mit der bekannten vorkolumbianischen Verbreitung des amerikanischen Maises z. B. in Westafrika einhergehen. Dies belegt die Identität der Kelten mit den bekannten Seevölkern/Phönizier, die ehemals auf beiden Seiten des Atlantiks lebten (u. a. das Nebelvolk der Chachapoya in Nord-Peru mit ihren Mumien-Bestattungen in Felshöhlen und phönizischen Inschriften) und umfangreichen (See-)Handel trieben. Es gibt einige Berichte aus dem vorkolumbianischen Mittel- und Südamerika, die hellhäutige, blauäugige und barttragende Menschen beschreiben, die in der Bronzezeit und früher über den Atlantik nach Amerika kamen und sich aber später wieder nach Europa zurückzogen. Bekannt ist auch die Entzifferung der Tifinagh-Inschriften des glazialen Granit-Rundhöckers von Peterborough nördlich von Toronto (Canada), dass ein Norwegischer König bereits im 17. Jahrhundert v. Chr. mit den dortigen Indianern Handel mit Kupfer aus der naheliegenden Sudbury-Lagerstätte betrieb (FELL & MAASS 2003). Die Seevölker/Kelten siedelten ursprünglich in den flachen Schelfgebieten des östlichen Atlantiks (u. a. Biscaya, Irische See, Nordsee) und wurden vom holozänen, stark aperiodisch verlaufenden Meeresspiegelanstieg (ORTLAM 2012) dann nach Osten und Südosten gewaltsam zur Flucht gezwungen (= Keltische Völkerwanderung im Neolithikum/Bronzezeit, KV, hiermit), was durch die typische küsten-äquidistante Verbreitung der keltischen Großbauten (u. a. Monolithen und Megalith-Gräber) zwischen Jütland im Norden und Portugal lm Südwesten belegt wird. Interessant ist jedoch die einmalige Verbreitung der in den Pyrenäen endemischen Hainbänderschnecke (Cepaea nemovalis) durch die Kelten/Seevölker nach Irland vor etwa 8.000 Jahren, wie dies zwischenzeitlich genetisch nachgewiesen werden kann. Ein überzeugender zoologischer Hinweis zum damaligen Besiedelungsraum der Kelten/Seevölker in Westeuropa. Weiterhin ist auf die weite Verbreitung des Dudelsacks als eines der typischen Musikinstrumente der Seevölker/Kelten hinzuweisen (u. a. Baskenland, Großbritannien, Galicien und Galizien), ebenso wie die typischen Getreidespeicher (Horeos, u. a. Großbritannien, Wallis/Schweiz, Galicien) auf Stelzen und runden Gesteinplatten als Kleinsäugerabweiser). Ein weiterer gemeinsamer Hinweis zum ursprünglichen Besiedelungsgebiet der Seevölker/Kelten ist die Anbringung von Steinspitzen und Kugeln auf Türmen und Dachfirsten (z. B. Kirchen, zinnenbewehrte Burgen, Galicien, Kloster Corvey/Ober-Weser) als heidnische Symbole zur Geisterabwehr aus der Luft.

Die Kelten/Seevölker eroberten dann auch die ganzen Mittelmeerländer (u. a. Italien, Griechenland, Türkei, Nordafrika, Malta, Kreta, Zypern, Levante/Palästina) und wurden erst in der Schlacht im Nildelta von Pharao Ramses III. im Jahre ~1070 v. Chr. vernichtend geschlagen (Reliefdarstellungen im Tempel von Medinet Habu, Ägypten) und wurden als Philister in Palästina angesiedelt (u. a. biblischer Bericht vom Kampf David gegen Goliath).

 

 

Abb. 1: Lage der St. Nikolaus-Kapelle in Achern (Klauskirchl = KK) am südlichen Rand des doppelarmigen Acherdeltas mit abnehmenden Korngrößen von Südosten nach Nordwesten und dessen geologischer Rahmen: würmeiszeitliche Lößhügel der Vorbergzone (waagerechte Strichsignatur) und das Granitgebiet des Bienenbuckels (Kreuzsignatur).

 

Das jüngere, holozäne (nacheiszeitliche) Acher-Delta (<12.000a v. h. = kleiner/jünger als 12.000a vor heute) mit seinen sandigen bis geröllführenden Kiesen hat sich also von Südosten nach Nordwesten in die älteren Sedimente des äolisch abgelagerten (d. h. per Lufttransport), gelben Lösses eingeschnitten. Das Acher-Delta wird im Gebiet der Illenau durch den Lössrücken des Stadtfriedhofes Achern bis zu den Gewannen „-Brachfeld-Eichholz“ in zwei Äste aufgeteilt (Acherner Gewanne „Klein- und Großsteinfeld“). Der nördliche, kleinere Ast vereinigt sich mit dem (kleinen) Sasbach-Delta, während der südliche, größere Ast vom Mühlbach (= ehemaliger Acherlauf), dem Schwarzwasser (= ehemaliger Acherlauf von den Acherner „Mittelmatten“ bis Lichtenau) und dem Feldbach (der Name des Flusses „Acher“ beginnt in Ottenhöfen und endet an der Wehranlage Oberachern; ORTLAM 2004) belegt wird. Die Korngrößen nehmen innerhalb des Acher-Deltas dabei von Südosten nach Nordwesten – analog dem abnehmenden Fluss-Gefälle der Acher -- deutlich ab: während im Bereich Oberachern große Gerölle mit Findlingslagen (d. h. eine residuale Grundmoräne der Elster-Mindel-Kaltzeit des Achertales) vorherrschen, ist der Untergrund von Achern mit sandig-kiesigen Geröllen aufgebaut und westlich der Bundesbahnlinie gehen diese sandigen Kiese mit geringem Geröllanteil in Kiese mit Sandanteilen über (Kies-Baggerseen der Firmen Peter, Huber und Ossola).

Die Acher mäandrierte – beginnend unterhalb der (ehemaligen) Oberacherner Bindfadenfabrik -- innerhalb dieses Deltas von Norden (Mühlbach als alter Acherlauf, ORTLAM 2003) nach Süden. Aus dem Gebirge kommend stellt dieses Delta die letzte große Gefällestufe (1,0-0,5%) vor dem Erreichen der flachen Oberrheinebene (0,1-0,05% Gefälle) jenseits der Bundesbahnlinie dar – bedingt durch die heute nach wie vor aktive und Erdbeben verursachende Ostrandverwerfung des Oberrheingrabens im Bereich Antoniuskapelle-Acherwehr in Oberachern (ORTLAM 1965, 2003, MARTINI & ORTLAM 2005). Das schnell fließende Wasser (= Ache, keltisch, wie namentlich ähnliche Flüsse am nördlichen Alpenrand) im Bereich des Deltas (Fließgeschwindigkeit V: bis 4m/s bei Hochwasser) gab dann den bekannten Anlass zur Namensbenennung der Ansiedlung „Achera“ (= am schnell fließenden Wasser gelegen, keltisch-gälisch). Gleichzeitig war die Acher in der flachen Oberrheinebene bis zum Rhein (~0,05% Gefälle) auch aufgrund der geringen Fließgeschwindigkeit (V = <0,4m/s bei Hochwasser) zumindest zeitweise, z. B. bei Hochwasser mit dem Einbaum/Nachen schiffbar, um der ertragreichen Fischerei und dem Transportwesen nachzugehen.

Das (Gebirgs-) Einzugsgebiet der Acher weist am Wehr Oberachern eine Fächengröße von 62km2 auf (ORTLAM 2004). Im Bereich des Oberlaufes der Acher, des Seebachs bzw. des Seebächles, fallen die höchsten Niederschläge von Deutschland nördlich der Alpen mit bis zu 2.200mm/a (Wetterstationen Ruhestein und Mummelsee), so dass sich daraus wegen der dortigen niedrigen Verdunstungshöhe nicht nur ein sehr hoher ober- und unterirdischer Abfluss, sondern auch ein sehr großes und bedrohliches Hochwasserpotential für das Achertal und vor allem für Achern ergibt. Dies wird durch die großen Hochwasserkatastrophen des Mittelalters mit der Ablagerung eines jungen, 0.5m bis zu 2.5m mächtigen Hochflutlehmes in Achern und danach durch weitere, bedeutende Überschwemmungskatastrophen auf der deutschen Rhein-Seite in den Jahren 07/1342 („Magdalenen-Flut“, PFISTER & HÄCHLER 1991), 1482, 1523, 1570, 1573, 1682, 1716, 1756, 1778, 1784, 1824, 1851, 1844 und 1880 (TEICHMANN 1934, RUPPERT 1880, DUGRILLON 1998, GLASER & HAGEDORN 1990, L. HUBER 1991) durch urkundliche Überlieferungen belegt. Auf der französischen Seite der Oberrheinebene sind dagegen bisher wesentlich mehr große Hochwasserereignisse (mit bis zu 20km Reichweite der Überschwemmungen beiderseits des Rheins!) registriert worden (DESCOMBES 1978 und 1979): 815 n. Chr., 868, 886, 889, 896, 991, 1012, 1198, 1270, 1276, 1286, 1288, 1290, 1292, 1295, 1303, 07/1342 (= Margarethenflut), 1374, 1377, 1398, 1404, 1415, 1422, 1480, 1481, 1489, 1496, 1524, 1526, 1529, 1535, 1556, 1566, 1569, 1570, 1574, 1580, 1584, 1587, 1588, 1617, 1637, 1641, 1649, 1651/52, 1670, 1711, 1740, 1758, 1764, 1778, 1784, 1789, 1791, 1801/02, 1809, 1811 (2x), 1812, 1813, 1815, 1816 (3x), 1817 (2x), 1819, 1824 (4x), 1825, 1826, 1827, 1829, 1831 (2x),1836, 1837/38, 1843,1844 (2x), 1845, 1846, 1847, 1849 (2x), 1850 (3x), 1851, 1852, 1853, 1856 (2x), 1860, 1861, 1876, 1882 und 1910. Die weitreichenden Überschwemmungen der Oberrheinebene sind seit der Rheinregulierung von TULLA ab dem Jahre 1840 deutlich zurückgegangen.

Die letzten bedeutenden Katastrophenhochwässer der Acher fanden im August 1851 und 1938 (Starkregen) sowie 1852, 1887 und im Frühjahr 1936 statt. Das Hochwasser an der Jahreswende 1947/48 (Schneeschmelze, Silvester-Hochwasser) erlebte der Autor in seinen Jugendjahren hautnah wegen seinen vielfältigen, katastrophalen Auswirkungen innerhalb der Kernstadt Acherns noch als Zeitzeuge mit. Das Starkregen-Hochwässer der Acher im Sommer 1978 bzw. 05/2013 waren dagegen relativ klein und richtete keine Schäden an, führten jedoch zu einem maximalen Grundwasseranstieg mit entsprechend geringsten Grundwasserflurabständen. Die Acherdämme unterhalb des Bahnhofes Achern standen jedoch kurz vor dem Durchbruch. Hätten sich die Starkregen-Ereignisse der beiden Katastrophenhochwässer der Oos zwischen Baden-Baden und Bühl in den Jahren 1999 und 2000 nur um 20km nach Süden verlagert, wäre im Achertal aufgrund seiner verstärkten Niederschlagsituation ein Überschwemmungs-GAU zu verzeichnen gewesen, wie dies im Jahre 2002 und 2013 an der Elbe und Donau sowie Ende 2011 in Italien und Süd-Frankreich mehrfach geschah. Auf diese Extremsituation ist dieser Bereich von Achern bis heute – bedingt durch unverständlich extrem langwierige Planungen von >10 Jahren der Großen Kreisstadt Achern-- keineswegs gerüstet. Dieses grobfahrlässige Nichthandeln wird Achern einmal teuer zu stehen kommen, indem vergangene Fehlplanungen [Belegung eines Acherpolders durch das Bebauungsgebiet „Hänferstück“ ohne (vorgeschriebene) Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) und der Beibehaltung des stark von der Acher überschwemmungsgefährdeten Standortes sowie des nun teuer renovierten Acherner Schwimmbades] zwischenzeitlich von der Natur wieder aufgerollt und vernichtet werden. Die zahlreichen Warnungen der Natur (siehe die enge Folge der örtlich sehr naheliegenden Überschwemmungskatastrophen von Baden-Baden/Bühl von 1999 und 2000) und des Autors blieben seit den 90er Jahren in Achern leider ungehört („Es wurde alles überprüft! Aber:wer nicht hören will, muss eben fühlen!“).

 

2. Geschichtliche Entwicklung

 

Die bisher frühesten Anzeichen einer keltischen Besiedelung im Raume Achern stammen aus der La Tène-Zeit im 3. bis 1. Jahrhundert vor Christus. Ende des 19. Jahrhunderts fand man auf einer Dünen-Anhöhe am Ortseingang von Gamshurst-Ziegelhütte insgesamt fünf Goldstater (= Goldmünzen mit der Darstellung Philipps von Mazedonien) aus dem 4. Jahrhundert vor Christus beim Pflügen im Feld. Aber auch die bisher älteste urkundliche Erwähnung von Gamshurst („Hurst des Gaman“) am 21. 02. 902 n. Chr., GEMEINDE GAMSHURST 2007) – falls keine mittelalterliche Urkundenfälschung vorliegt -- weist auf eine recht alte Besiedelung des hochwassersicheren Gamshurster Dünenzuges rechts der Acher und vor der Kinzig-Murg-Rinne hin.

Auch in römischer Zeit gab es entlang der wichtigen Verbindungsstrasse durch die östliche Oberrheinebene zwischen Offenburg und Baden-Baden kleinere Ansiedlungen mit Gutshöfen als Versorgungs- und Unterkunftsstationen, z. B. am Lindenbrunnen in Achern und westlich des Lindenhauses(Sasbach). Zu damaliger Zeit benutzte die Acher als Hauptlauf den heutigen Mühlbach (zeitweise auch den gewundenen Schwarzwasser-Lauf zwischen den Acherner „Mittelmatten“ beim heutigen Hagebaumarkt und Lichtenau), so dass an deren Nordufer der Lindenbrunnen zur dauerhaften Wasserversorgung der naheliegenden Gutshöfe geschachtet wurde und der -- dort relativ flach liegende -- Grundwasserspiegel dann zur wichtigen Trink- und Brauchwassergewinnung der nahe gelegenen, hochwassergeschützten Römersiedlung „Lindenbrunnen“ (= ältester Siedlungspunkt Acherns!) genutzt werden konnte.

Nach der Entscheidungsschlacht der Franken bei Zülpich (Nordeifel, 496 n. Chr.) unter ihrem König Chlodwig (= Ludwig, RZ 482-512 n. Chr.) über die Alamanen (= Alemannen) -- mit der Fixierung der Grenze an der (mittelbadischen) Murg und Oos—und seiner Taufe zur Einlösung seines Gelübdes im Dezember des Jahres 496 durch Bischof Remigius (? Vedast) in Reims wurde die Grundlage für eine umfangreiche Christianisierung Mitteleuropas durch die (?danach angeforderten) irisch-schottischen Mönche herbeigeführt u. a. aus Irland (nach dessen Christianisierung durch Patrick im Jahre 432 n. Chr.) und von der schottischen Insel Iona = Hy (u. a. NAUDASCHER in KLEIN 1980). Dieses missionierende Mönchstum hatte wohl seinen Ausgangspunkt in der Anerkennung und Einführung des Christentums als Staatsreligion im Römischen Reich unter dem in Trier residierenden Kaiser KONSTANTIN I. d. Gr. im frühen 4. Jahrhundert (u. a. Toleranzedikt von 312 n. Chr.) und dem geistigen Wirken des nordafrikanischen Bischofs AUGUSTINUS (413-26 n. Chr.) sowie der Lex Salica Ende des 5. Jahrhunderts und der Lex Alemannorum des Alemannen-Herzogs Lantfried aus der Zeit 712-725 n. Chr. (EHRENFRIED in: KLEIN 1980). Daher missionierten u. a. keltisch-gälische Mönche aufgrund ihres vierten Gelübdes („Peregrinatio propter Christum: Pilgerschaft um Christi Willen“) im 6., 7. und zu Beginn des 8. Jahrhunderts Mitteleuropa nahezu flächenhaft (GÖPPERT 1978, MÜLLER 1978 u. a.):

 

-- Bonifatius (= Winfrid, 675-754 n. Chr.) mit den Klöstern Amöneburg, Ohrdruf und Fritzlar, den Bistümern Fulda, Büraburg, Erfurt, Mainz, Würzburg, Eichstätt, Regensburg, Freising, Salzburg und Passau

-- Willibrord (658-739 n. Chr.) mit dem Kloster Echternach (Luxemburg), dem Bistum Utrecht

-- Kilian (?-689 n. Chr.) mit dem Kloster/Bistum Würzburg

-- Kolumban d. J. (543-615 n. Chr.) mit den Klöstern Anegray, Bobbio/Padua, Bregenz, Luxeuil und Fontenay (Lothringen/Frankreich)

-- Deodatus (?-679 n. Chr.) mit dem Kloster St. Dié (Lothringen/Frankreich)

-- Odilia (?-720 n. Chr.) mit dem Kloster Hohenburg (= Odilienberg/Elsaß)

-- Offo (Adliger, 7. Jahrhundert n. Chr.) mit dem Kloster Schuttern

-- Pirmin (Westgote, 700-753 n. Chr.) mit den Klöstern auf der Insel Reichenau/Bodensee, Gengenbach, Schwarzach und Amorbach/Odenwald

-- Gallus (560-645 n. Chr.) mit dem Kloster St. Gallen

-- Willibald (700-787 n. Chr.)mit den Klöstern Eichstätt, Solnhofen und Heidenheim

-- Emmeran (um 700 n. Chr.) mit dem Kloster Regensburg

-- Korbinian (Gallofranke, 675-725 n. Chr.) mit dem Kloster Weihenstephan/Freising

-- Fridolin (6. Jahrhundert n. Chr.) mit dem Kloster Säckingen

-- Lande(o)lin mit dem Kloster Ettenheimmünster

-- Benedikt mit dem Kloster Honau/Rheininsel (gegr. um 720 n. Chr.)

 

Letztgenannter Benedikt steuerte unter dem Patronat des Bistums Straßburg (gegr. bereits im 4. Jhdt.) und dem Etichonen-Herzog Adalbert die gesamte keltisch-gälische Missionierung im Elsass und Mittelbaden (BURG 1978, EBERL 1982, BÖNSCH 1985); u. a. Gründung der Sasbacher Kirche um 750 n. Chr. mit dem (ehemaligen) Hilariusaltar (nach Bischof Hilarius von Poitiers, 315-65 n. Chr.; JEHLE 1955 und in FESTSCHRIFT ACHERN 1950) und dem Ort Sasbach (ehemals Saspach = „Sachsenbach = Bach der Sachsen“; bisherige, unbefriedigende Deutung: Sahar = Riedgras) als einem der vielen von Pippin d. J., Karloman und Karl d. Gr. veranlassten (Zwangs-) Umsiedlungsorte für die nichtchristianisierten, aufständischen, norddeutschen Sachsen in Süddeutschland (z. B. 3 x Sachsenhausen, Sachsenberg, Sachsendorf, Sachsenham, Sachsenhofen, Sachsenstett, Sachsbach, Sasbach, Obersasbach, Sasbachried, Sasbachwalden, Sachsenbrunn, Sachsenried, Sachsenflur, Sachsensiedlung, Sachsenkam, Sachsenheim, Sachsenhain, Sachsen/Ansbach). Auch heute in Norddeutschland (dem ursprünglichen Sachsenland) auftretende Ortsnamen kommen im erstaunlichen Namensdoppelpack im nördlichen Odenwald auf engstem Raum am Fluß Gersprenz vor (WOEHLKENS 1954): Celle /Cellensen --- Zellhausen; Bevensen --- Babenhausen; Munster --- Münster; Haarstorf --- Harreshausen; Stockheim/Stöcken --- Stockstadt u. Stockstadt /Rh.; Eppensen --- Eppertshausen. Zu diesem Zweck wurden die bereits christianisierten, treuen Franken nach Norddeutschland ins Sachsenland umgesiedelt (= Deutsche Völkerwanderung, DV, hiermit), wobei ihre Verbreitung heute noch nach den Ortsnamen mit den typisch fränkischen Endungen -stedt, -sted, -stett, -städt, -stätt, und -stadt zwischen der dänischen Grenze im Norden, der Weser/Hunte im Westen, der Trave/Elbe/Saale im Osten und dem Thüringer Wald im Süden in weiter Verbreitung und nachgewiesen werden kann (Abb. 2). Deren Begrenzungen sind dabei außerordentlich scharf und bis heute erhalten, so dass auf massive politische Entscheidungsprozesse zu damaliger Zeit am Ende des 8. Jahrhunderts n. Chr. geschlossen werden kann.

 

 

Abb. 2: Karte der (Zwangs-) Umsiedlungsorte der heidnischen Sachsen in Süddeutschland (= Punkte) und das Einsiedelungsgebiet der christianisierten Franken in Norddeutschland (= gerastert) zwischen Thüringer Wald im Süden und der (heutigen) dänischen Grenze im Norden -- veranlasst u.a. durch Karl d. Gr. (= Deutsche Völkerwanderung, DV, hiermit).

 

Diese keltisch-gälischen Mönche brachten bei der Gründung der verschiedenen Klöster und Erstkirchen die originalen Stein-Baustile ihrer Heimat (Abb. 3a, b und c) in die mitteleuropäischen Missionsgebiete mit. Im frühen Mittelalter sind auf Irland sowohl kleine Holzkirchen (z. T. mit Torfwänden) als auch Steinkirchen aus örtlichem Baumaterial -- mangels ausreichender Wälder – errichtet worden (AHRENS 1981). Die früher im Oberrheingebiet ansässigen Kelten (u. a. Odilienberg mit der Heidenmauer, Wasserwald und Heidenstadt bei Saverne im Elsass) wurden vermutlich damals „Heiden“ benannt, was durch nachfolgende Bezeichnungen nahegelegt wird: u. a. 2 x Heidenstadt: bei Saverne und auf der Lettstädter Höhe/oberes Renchtal, 3 x Heidenkirche: Freistett, Ulm und am Löcherberg im oberen Renchtal, Heidenfelsen in Graufthal/Nord-Vogesen, Heidenmauer auf dem Odilienberg/Elsass, Heidenbach/Ottenhöfen, alter Heidenturm/Heidenkirche (Mauritius-Kirche, Renchen-Ulm), Heidenstein bei Triberg, Heidental, Heidenburg, Heidenheim, Heidesheim, Heidenhof, Heidenfeld, Heidenkam, Heidelberg u. a..

Allein der Begriff „Heiden-Kirche“ ist in sich widersprüchlich, weil eine christliche Kirche wohl nicht heidnisch = unchristlich (im heute gewandelten Sinne!) sein kann. Somit wäre der Begriff „Heide“ früher vermutlich auf die keltische Bevölkerung Mittel- und West-Europas zu beziehen, um diese Widersprüchlichkeit aufzulösen. Die christianisierenden gälischen Mönche kamen als Fremde nach Franken und Alemannien und wurden vermutlich damals als „Heiden“ bezeichnet. Viele Örtlichkeiten, an denen die fremden Kelten = Heiden arbeiteten und missionierten, wurden dann folgerichtig mit diesem Namen verbunden und überliefert. Der heute abgewandelte Begriff „Heide(n)“ stimmt also nicht mehr mit der ursprünglichen Bedeutung überein.

 

 

Abb. 3: Beispiele keltisch-gälischer Kirchen-Baustile (= Wehrkirchen und -türme) in Irland aus dem frühen Mittelalter: a. St. Kevins Kitchen (Glendalough); b. Kloster Kells; c. Clonmacnoice (County Offally)

 

 

Abb. 4: Klosterruine Allerheiligen (Klosterzeit: 1192-1803 n. Chr.) mit dem achteckigen Rund-Turm in Anlehnung an die keltisch-gälischen, minarettartigen Rundtürme und einem (? durch das Erdbeben vom 18. 09. 1601) abgebrochenen Turm-Steinkreuz, zeichnerisch rekonstruiert (Foto: Prof. Dr. Ortlam, Bremen).

 

Selbst das im 12. Jahrhundert gegründete Prämonstratenser-Kloster Allerheiligen (1191 n. Chr.) ähnelt noch dem keltisch-gälischen Turmbaustil mit einem oktogonalen Grundriss und (heute abgebrochenen) steinernen Turmkreuz (Abb. 4). Das Oktogon (und das herabgestürzte, bisher verschollene Turm-Steinkreuz) sind ein urtümlicher keltischer Baustil (Heidentempel = Keltentempel), der auch heute sowohl im Aachener Dom, der ersten kaiserlichen Krönungskirche der Franken Mitteleuropas, als auch in den frühchristlichen Kirchen Griechenlands, Kleinasiens und Armeniens zu beobachten ist. Diese christlichen Erstbauten sind jedoch in den meisten Fällen Zerstörungen durch Kriege (z. B. im späteren Abschnitt des katastrophalen Dreißigjährigen Krieges nach 1630) und Bränden/Abrissen anheim gefallen (z. B. die Kapellen in Helmlingen und Memprechtshofen, die Kirche in Sasbach 1675 in der Montecuccoli-Turenne-Schlacht) und daher heute oft nur ausnahmsweise und z. T. nur mit den Grundmauern erhalten geblieben.

Unter der Herrschaft der Merowinger, der Hausmeier und der Karolinger/Franken erfolgte dann die Missionierung von Zentraleuropa, insbesondere der wasserreichen und fruchtbaren Oberrheinebene, so auch jene im Bereich der heutigen Ortenau in karolingischer Zeit. Als Relikte zeugen heute noch die urtümlichen Kirchenbauten des Klauskirchls (= Nikolaus-Kapelle) in Achern, der >1000 jährigen Heidenkirche (ebenfalls Nikolaus-Kapelle) in Rheinau-Freistett, der >700 jährigen Kapelle St. Nikolaus in Rheinau-Hausgereut mit ihrem identischen Baustil und die ursprüngliche Nikolaus-Kapelle vom Dorfe Honau (KAUSS 1973). In den folgenden Abschnitten soll das Acherner Klauskirchl nun einer näheren Betrachtung aus geowissenschaftlicher Sicht unterzogen werden.

 

3. Das Klauskirchl

 

3.1. Lage und Hintergrund – die wiederentdeckte Brückenzollsäule

 

Das Acherner Klauskirchl liegt – wie bereits eingangs beschrieben -- an der Kreuzung zwischen der alten (römischen) Verbindungsstraße Basel-Offenburg-Baden-Baden-Heidelberg mit der aus dem Gebirge kommenden Acher, deren mächtiges Delta sich nach Nordwesten bis zur heutigen Nord-Süd-verlaufenden Bahnlinie erstreckt. Durch die zahlreichen Hochwässer der Acher – bedingt durch die hohen (Stark-) Niederschläge an deren Oberlauf (Mummelsee/Hornisgrinde-Ruhestein) – ergaben sich immer erhebliche Zerstörungen durch Überschwemmungen im Unterlauf der Acher, insbesondere in Achern und vor allem an der dortigen, hölzernen Acher-Brücke. Wegen dieser Umwelt-Gefahren wurde nicht nur eine Kapelle an dieser Stelle gegründet (urkundliche Erwähnung erst 1318 n. Chr., RUPPERT 1880, S. 101/102), die dem aus Libyen stammenden Hl. Nikolaus (= „Sieg des Volkes“, 6. Jahrhundert), dem späteren Bischof von Myra (Südküste der Türkei) und Schutzpatron der Seefahrer, insbesondere für irisch-gälische Mönche, geweiht wurde, sondern es erfolgte auch die Erhebung eines entsprechenden Brückenzolles durch eine Wache neben der Kapelle beim Passieren der Acher-Brücke (SCHNEIDER 1985). Darauf deutet noch eine alte, gemauerte Zollsäule von (oberirdisch gemessen) 1,65m Höhe, quadratischem Querschnitt (Seitenlänge: 0,25m) und einer zugespitzten Sandsteinkappe (?einheimischer heller Buntsandstein) hin. Diese war im 19. Jahrhundert rechts neben der Nikolaus-Kapelle noch freistehend zu sehen (Abb. 5). Heute ist diese Säule in einer Ecke des Hauses Farben-Nickel, Hauptstr. 7, zu beobachten (Abb. 6a) und wurde im Jahre 1880 bei der Errichtung des Gasthauses „Hanauer Hof“ damals in das Gebäude integriert und nicht abgerissen (= früher Denkmalschutz!). Erst im Juni 2007 entdeckte der Autor bei seinen diversen Recherchen zur Nikolaus-Kapelle diese alte Zollsäule beim Vergleich mit dem alten Stich von PITON wieder und konnte diese dann genauer in ihrem inneren Aufbau untersuchen und vermessen (Abb. 6b). Sie besteht aus gelben, gemauerten Ziegeln (wie im Turm der Nikolaus-Kapelle), versehen mit einer Sandstein-Kappe. Ein nun wiedergefundenes Zeitdokument aus der alten Acherner Geschichte, den heutigen, nach Geld suchenden Stadtkämmerer der Großen Kreisstadt Achern wird es freuen! Um so mehr sollte die große Kreisstadt Achern das Umfeld der Nikolaus-Kapelle und der Brückenzollsäule beachten und möglichst sichteinschränkende Verkehrszeichen eliminieren. Dieses älteste Kleinod Acherns sollte ohne störende Blick verstellende Elemente bei Tag und in der Nacht (unter Licht-Bestrahlung) betrachtet werden können.

 

 

Abb. 5: Historische West-Ansicht der St. Nikolaus-Kapelle vom Gelände des späteren „Hanauer Hofes“, links mit dem (herabgefallenen) Turm-Steinkreuz vom Schad-Erdbeben am 18. 09. 1601, rechts mit dem alten Fachwerkbau einer Bäckerei (ab 1876 GUNZ-Schmiede) und davor einer (Brückenzoll-) Steinsäule, links im Hintergrund das Hotel „Adler“, ganz links der Bauernhof JÖRGER und dahinter der „Badische Hof“(Lithographie von F. T. PITON, Strasbourg, von ~1840, Besitz: Prof. Dr. Ortlam, Achern).

 

 

Abb. 6: a. (lädiertes) Steinkreuz („Löcher-Diorit“) und ehemalige Brückenzoll-Säule (im Hintergrund links neben dem Regenfallrohr mit angelehntem 2m-Maßstab), heute integriert in der Hausecke von Fa. Farben-NICKEL (Foto: Prof. Dr. Ortlam, Bremen); b. Aufriss der gemauerten, ehemaligen Brückenzollsäule mit quadratischem Grundriss, heute verputzt (vgl. Abb. 5).

 

3.2. Baubeschreibung

 

Die Nikolaus-Kapelle besteht aus einem Hauptschiff mit einem nahezu quadratischen Grundriss (8,0 x 7,1m), wobei der ~14m hohe Dachgiebel genau von Westen nach Osten (= Altar-Position) ausgerichtet ist (Abb. 7a und b), im Gegensatz zur Dachgiebelausrichtung der heutigen katholischen Liebfrauenkirche in Achern mit einer Nordnordost-Südsüdwest-Ausrichtung (vor dem Umbau im 19. Jahrhundert: Westnordwest-Ostsüdost-Ausrichtung), die dadurch vollkommen aus dem Rahmen fällt. Die Gründe dafür sind bisher noch nicht erklärbar. Die Mauerstärke der vier Klauskirchl-Wände beträgt ~65cm. An den Ecken sind sie mit zweifach abgestuften Stützmauern bewehrt, die sich an der Basis bis zu 1,60m weit abspreizen (Abb. 7b).

 

 

Abb. 7: a. Nordansicht und b. Grundriss der (romanisch-gotischen) Nikolaus-Kapelle nach Plänen von 1859, ergänzt durch die präromanischen Grundmauern der ersten Bauphase (um 740 n. Chr., Prof. Dr. ORTLAM, Bremen), ursprüngliche Angaben in Badischen Fuß (1 Bad. Fuß ~ 30cm nach HUGGLE & OHLER 1998).

 

An der Nordwestecke befindet sich der heute 17,00m hohe, zum Hauptgebäude reichlich unproportionierte Rundturm (mit Eisen-Kreuz heute 17,80m hoch, früher wahrscheinlich ~25m hoch, Abb. 7a) mit einem Durchmesser-Außenmaß von 2,20m und einem –Innenmaß von 1,30m, die Mauerstärke beträgt 45cm (Basis). 28 Sandsteinstufen leiten in einer engen Wendeltreppe zum Glockenturm hinauf, in dem eine eiserne Leiter weiter in den Turmhelm führt. Auf dem ~14m hohen Ostgiebel steht ein etwa 1m hohes (primäres) Sandsteinkreuz und der – beim Wiederaufbau mangels Baumaterialien (?) sekundär gekürzte -- Rundturm ist heute mit einem 0,80m hohen (sekundären), baustilfremden Eisen-Kreuz versehen.

 

 

Abb. 8: Heutige Ost-Ansicht der St. Nikolaus-Kapelle mit dem (primären) Steinkreuz auf dem Ostgiebel und dem (sekundären) baustilfremden Eisen-Kreuz auf dem Turmhelm; schwarze Linie = Ruinen-Oberkante nach dem Starkbeben von 1601 (Foto: Prof. Dr. Ortlam, Bremen).

 

 

Abb. 9: Südwand der Nikolaus-Kapelle. Basislinie (schwarz) des (historischen) Wandabsturzes von 1601 mit Rotziegelresten (~2m über Geländeoberfläche, G.O.F.,. rechts neben dem 2m-Maßstab, Pfeile), a. Ansicht der Südwand b. Detailausschnitt mit vier (jüngeren) Rotziegelresten (Pfeile über dem 2m-Maßstab) (Foto: Prof. Dr. Ortlam, Bremen).

 

 

Abb. 10: Historische Nord- und West-Ansicht der Nikolaus-Kapelle mit dem 1907 angebauten und 1970 wieder entfernten Ehrenmal des 1870/71-Krieges. Links: Möbel-Seifert; Rechts: ehemalige Schmiede der Fa. GUNZ/heute „Eiscafé Venezia“ (Foto: A. Wortmann, Achern, um 1965).

 

 

Abb. 11: Intakte Nordwand der Nikolaus-Kapelle mit dem Schattenriss des beim letzten Umbau wieder entfernten Krieger-Ehrenmals und rechts die Abrisslinie des Starkbebens von 1601 am Turmsockel (Foto: Prof. Dr. Ortlam Bremen).

 

Während die Ostwand ein etwa 4m hohes gotisches Sandsteinfenster und unter dem Dachgiebel ein schmales, rechteckiges Fenster (0.80m hoch) aufweist (Abb. 8), zeigt die Südwand in asymmetrischer Lage ein schmales gotisches Sandsteinfenster von ~1,50m Höhe (Ab. 9). Die Nordwand besitzt ebenfalls ein adäquates rechteckiges Sandsteinfenster (Abb. 10, 11 und 13) wie die Südwand. Die Westwand zeigt über dem ~4m hohen gotischen Eingangsportal im Giebelbereich ein ~1m hohes, schmales rechteckiges Fenster (Abb. 10 und 12). Der Rundturm besitzt drei kleine Sandstein-Schießscharten , die übereinander und nur nach Norden zur vorbeiziehenden (Haupt-) Straße angeordnet sind (Abb. 7a, 11 und 13).

 

 

Abb. 12: Heutige West-Ansicht der St. Nikolaus-Kapelle mit der Begrenzungslinie des Erdbeben-Einsturzes von Turm und Westwand am 18. 09. 1601 (Foto: Stadtarchiv Achern, S-F II.4.3.)

 

Die vier ~2m hohen gotischen Sandsteinfenster des Glockenturmes sind interessanterweise heute nicht nach den vier Himmelsrichtungen ausgerichtet Die Ausrichtung der Fenster wurde nach einem Turmeinsturz – offensichtlich in Unkenntnis der ursprünglichen Ausrichtung (Nord, Ost, Süd, West) – beim Wiederaufbau um 45° gedreht (Nordost, Südost, Südwest und Nordwest), ähnlich wie die um 25° und 70° verdrehten Achsen der alten bzw. neuen Liebfrauenkirche zu Achern. Dieser Rundturm diente also mit seinen kleinen Schießscharten gleichzeitig als Beobachtungs- und Wehrturm ähnlich den keltisch-gälischen Wehrtürmen des frühesten Mittelalters in Irland (Abb. 3a, b und c) nach EBERL (1982) und STREIT (1986). Deren Helmfenster weisen exakt nach den vier Himmelsrichtungen (Nord, Ost, Süd, West), um eine rechtzeitige Beobachtung von aufkommenden Gefahren zu gewährleisten. Achern besaß nämlich nie eine Stadtmauer, so dass die ersten Einwohner auf diese erste Wehrkirche zur Verteidigung angewiesen waren. Sie erfüllte somit eine Doppelfunktion: christliche (Missions-) Kirche und Verteidigung/Schutz für die Bevölkerung.

 

3.3. Petrographie des Baumaterials

 

Bei der petrographischen Analyse der im Hauptschiff der Nikolauskapelle vermauerten Gesteine fällt auf, dass diese überwiegend (~75%) aus gut zugerundeten Flusswacken (60% Granite, 10% Quarzporphyr sowie 5% Gneis) aus der nahe vorbeifließenden Acher bestehen, der Rest (~25%) setzt sich aus herbeigeschafftem, eckigem Buntsandsteinmaterial der Vorbergzone (u. a. Hardberg, Hardkopf) zwischen Lauf und Bühl-Rittersbach und wenigen (gebrannten) Rotziegelsteinen zusammen. Der (gebrannte) Kalkmörtel stammt sehr wahrscheinlich von der über tausend Jahre lang betriebenen Kalksteingrube „Aspich“(oberer Muschelkalk, Trias) zwischen Lauf und Ottersweier-Hub, da dort das einzige bekannte Kalkvorkommen im Umkreis von 50km auftritt und nur etwa 6km von Achern entfernt liegt.

Der minarettartige Rundturm hat jedoch eine ganz andere Gesteinszusammensetzung als die Mauern des Kirchenschiffes. Er besteht zu ~65% aus (gebrannten) Gelbziegeln z. T. in Klosterformat 32 x 16 x 8cm, teilweise liegen kleinere Formate bis zu 20 x 10 x 5cm vor, ~15% aus Granitwacken aus dem Acherbett, ~15% aus eckigem Buntsandsteinmaterial aus der Lauf-Bühler Vorbergzone und 5% aus anderen Gesteinen (Gneis, Quarzporphyr, gebrannte Dachziegel). Das gelb gebrannte Ziegelmaterial benötigt als Ausgangsmaterial einen kalkhaltigen, schluffigen Ton (= sehr zäher, grauer Rupelton, 35 Mio Jahre alt) des Tertiärs, der im Untergrund östlich von Ottersweier-Haft („nomen est omen“) sehr günstig gewonnen wurde (siehe Abb. 9 in MARTINI & ORTLAM 2005). Der ansonsten nach dem Dreißigjährigen Krieg verstärkt genutzte gelbe Lösslehm der Vorbergzone ergibt dagegen beim Brennen einen Rotziegelstein, der in Baden weite Verbreitung als Hintermauerstein aufweist – entsprechend den weitverbreiteten Lösslehm-Vorkommen im Oberrheingraben aus den letzten beiden Kaltzeiten „Riss“ (300.000-130.000 Jahren) und „Würm“ (115.000-15.000 Jahren).

 

 

Abb. 13: Historische Nord- und West-Ansicht der St. Nikolaus-Kapelle um das Jahr 1905 mit dem Versatz des Steinkreuzes (2. Hälfte 19. Jahrhundert) weg von der (ausgebauten) Hauptstrasse (beim pickenden Huhn, vgl. Abb. 5) zur heutigen Position rechts neben dem Eingang (langer Pfeil; Foto: M. Pache, Achern).

 

Eine petrologische Besonderheit stellt das heute rechts vom Eingangsportal (Abb. 13) in tertiärer Position befindliche 0,75m hohe Steinkreuz (mit unterirdischem Sockel: insgesamt ~1,10m hoch, quadratischer Sockel mit 0,20m Seitenlänge), das aus einem im Schwarzwald recht seltenen Gestein besteht: einem Diorit, ein magmatisches Tiefengestein wie der Granit, allerdings mit geringerem Kieselsäuregehalt (65-70% SiO2). Dieser wegen des größeren Anteils an dunklen Mineralen – gegenüber dem Granit – etwas dunklere Diorit verwittert mit typisch kreisrunden Löchern („Schalenstein“), so dass er auch als (Löcher-)Diorit bezeichnet werden kann (Abb. 14). Der im Nordschwarzwald seltene Diorit hat sein Primär-Vorkommen im nahgelegenen, oberen Laufbachtal zwischen Glashütte und Hohritt und wurde eiszeitlich (durch prä-risszeitlichen Gletschertransport) talabwärts bis nach Lauf und z. T. bis an den Rhein bei Greffern huckepack verfrachtet. Ein Flusstransport durch den kleinen Laufbach ist aufgrund der Größe und des Gewichtes der transportierten Erratika (bis 80 to Gewicht) praktisch ausgeschlossen.

 

 

Abb. 14: Stark beschädigtes Steinkreuz (= “Sühnekreuz“), heute rechts vom Eingang der Nikolaus-Kapelle aufgestellt, bestehend aus dem (Löcher-)Diorit des oberen Laufbachtales. Gestrichelte Linie: Originalgröße; rekonstruiert; Maßstab: 1m (Foto: Prof. Dr. Ortlam, Bremen).

 

Das Diorit-Steinkreuz weist einen typisch keltisch-irischen Habitus auf, wie er auch in den Turmkreuzen der Granit-Kirchen der Bretagne (Nordwestfrankreich ) weite Verbreitung hat. Seine Dimensionen verjüngen sich von unten nach oben (ZIMMERMANN 1932). Die löchrige Struktur des Gesteins („Schalenstein“) erinnerte die missionierenden keltisch-gälischen Mönche des Klosters Honau wahrscheinlich an die alte urkeltische (Näpfchen-) Schrift des Ogham-Consaine bzw. Tifinagh (FELL & MAASS 1999) ihrer Vorfahren, obwohl bisher die Kelten von der Wissenschaft als schriftloses Volk eingestuft werden. Leider ein weitverbreiteter, fataler Irrtum, zumal diese Keltenschrift in vielen Felsen Europas, Nordafrikas (Berber- und Tuareg-Schrift) und sogar Nordamerikas (um 1700 v. Chr., Stein von Peterborough nördlich Toronto/Canada) zwischenzeitlich nachgewiesen und z. T. entziffert ist (FELL 1982, KNAUER 1990). Auch in Südamerika, im Urwald der Ashaninka-Indianer am Oberlauf des Amazonas-Quellflusses (Ost-Peru), gibt es Hinweise für die Ogham-Consaine-Näpfchen-Schrift der Kelten/Seevölker („7000km Mythos -- Der Amazonas“, Bayerischer Rundfunk-TV 2002).

Das besondere (Diorit-) Steinkreuz schmückte ursprünglich sehr wahrscheinlich den 17m hohen Rundturm der Nikolauskapelle mit seinem steinernen Dachhelm, da der heutige Helm und das Eisen-Kreuz eindeutig sekundärer Natur sind. Die vier Glockenturmfenster waren ursprünglich nach dem keltisch-gälischen Baustil sehr wahrscheinlich streng in die vier Himmelsrichtungen (Nord, Ost, Süd, West) ausgerichtet. Das zweite ~1m hohe Kreuz auf dem Ost-Giebel des Kirchenschiffes besteht auch aus einem relativ seltenem Gesteinsmaterial der hiesigen Gegend, nämlich aus Bausandstein (Mittlerer Buntsandstein, Trias) der nahen Vorbergzone zwischen Lauf und Bühl. Somit krönen die beiden seltensten Gesteinsarten der hiesigen Gegend als Turm- und Giebelkreuze die Nikolauskapelle von Achern. PANOWSKY (1974) stellt drei verschiedene Bauphasen an der Nikolaus-Kapelle fest, ohne sie jedoch genauer zu beschreiben.

Die erste Bauphase fand bereits in präromanischer Zeit (9. Jahrhundert oder früher) statt, weil die Mauerreste eines Ost-West gerichteten Baues von 4,05 x 5,25m Innenmaß bei der Grabungskampagne ab 1972 zur Renovierung der Nikolauskapelle ergraben und rekonstruiert werden konnten (SCHNEIDER 1974, S. 163). Das Innenraummaß der heutigen Nikolaus-Kapelle beträgt 5,40 x 6,40m, so dass der romanisch-gotische Bau (Außenmaß: 6,20 x 7,20m, ohne Strebepfeiler) schachtelartig um den bestehenden karolingischen Bau (Außenmaß: 4,65 x 5,85m, Mauerstärke: 0,60m nach SCHNEIDER 1974, S. 163) hochgezogen wurde (Abb. 7b) – unter fortwährendem kirchlichem Messebetrieb, um die damalige kleine Acherner Kirchengemeinde aufrecht zu erhalten. Insofern ergibt sich ein Widerspruch zu den Aussagen von SCHNEIDER, der die Nikolaus-Kapelle nicht als die erste Acherner Kirche und nur in randlicher Lage zum Gemeindezentrum bis ins 18. Jahrhundert sieht. Dass die Bewohner Acherns wegen der stetigen Hochwassergefahren der Acher später in höher gelegene Bereiche des Acher-Deltas umsiedelten, ergab sich erst aus den bitteren Erfahrungen der zahlreichen Überschwemmungskatastrophen des Mittelalters (u. a. 1342 n. Chr.), wobei die Nikolaus-Kapelle daraufhin in eine Randlage geriet, die dann auch zur Gründung der heutigen U.L.F.-Pfarrkirche im 15. Jahrhundert auf einer hochwassersicheren Lösslehmanhöhe ebenfalls in Randlage zum damaligen Gemeindezentrum führte. Aus diesen bitteren Erfahrungen des Mittelalters mit seinen Überschwemmungskatastrophen der Acher sollten auch heutige Planer – bei der rezenten Zunahme der Starkregenereignisse -- lernen und die Hochwassergefahren nicht nur aus dem Computer ableiten sowie ursprüngliche Retentionsräume der Acher beachten (u. a. Gewann „Hänferstück“). Der diesbezügliche GAU (Größter Anzunehmender Unfall = worste case) steht nämlich zeitüberfällig vor der Tür und wird -- nicht nur oberirdisch – jederzeit erheblich schadensverursachend auf Achern einstürzen.

Nachfolgend lassen sich nun drei wesentliche Bauphasen der Nikolaus-Kapelle unterscheiden:

 

  1. Karolingische Phase (~740 bis ~1100 n. Chr.)
  2. Romanisch-gotische Phase (~1100 bis 1601 n. Chr.)
  3. Neuzeitliche Phase (1606 bis 1974 n. Chr. und danach): Wiederaufbau nach dem Erdbeben von 1601 ab dem Jahre 1606 und nach dem Dreißigjährigen Krieg, Renovierung 1972-74 nach den Schäden des 2. Weltkrieges.

 

Bei der Analyse der Gesteine in den vier Wänden des Kirchenschiffes und des Rundturmes fiel auf, dass die Nordwand nahezu intakt ist (Abb. 11 und 13), was auch durch die unzerstörten, mittelalterlichen Fresken im Innenraum belegt wird (PANOWSKY 1974), während die Ost-, Süd- und Westwände zu zwei Drittel bei einem großen Schadensereignis zerstört wurden (Abb. 8, 9a und b, 12), wobei einige Fresken in der Kapelle größtenteils erhalten blieben. Genau das gleiche Schicksal ereilte den Turm, der zu 80% zusammenstürzte und auch das (primäre) steinerne Turmkreuz mit in die Tiefe riss und auf die heutige Hauptstrasse schleuderte. Dort befand sich das schwer lädierte Steinkreuz – in schräger Lage-- lange Jahre bis zum Ende des 19. Jahrhunderts (Abb. 5), bis es dem modernen Verkehr weichen musste und rechts neben das Eingangsportal auf der Westseite der Kapelle verpflanzt wurde (Abb. 13). Als Ersatz für das herabgestürzte Steinkreuz wurde dem (stark verkürzt aufgebauten) Turm nach diesem gewaltigen Schadensereignis ein (artfremder) metallener Helm und ein (leichteres) Eisen-Kreuz aufgesetzt, welche heute noch den Turm schmücken und von jedem Laien als völlig baustilfremde Elemente nachempfunden werden können.

Dass die Nikolaus-Kapelle 1601 durch ein verheerende Schadensereignis zerstört wurde und bereits 1606-09 wieder aufgebaut wurde (RUPPERT 1880), geht auch aus Originalquellen des Dorfbuches von Unterachern hervor, die folgendermaßen benannt werden können:

 

„A(nn)o 1606 ist die altt Capell (= Nikolaus-Kapelle, Anmerkung des Autors) gantz und gar abgebrochen, unnd die kirch wie es der augenschein mittbringt mit sonderngrosen uncosten, über welchen auch in Laden ein rechnung vorhanden, wider ufferbauren und in A(nn)o 1609 allererst getäfelt worden.“

 

3.4. Das große Erdbeben

 

Im Oberacherner Dorf-Buch ist auf den Seiten 127 und 128 folgender zeitgenössischer Bericht vom Ortschreiber niedergelegt (TEICHMANN 1934), dessen angegebenes Datum wegen des (übersehenen) Datumwechsels um Mitternacht jedoch um einen Tag zu erweitern ist (18. 09. 1601):

 

„17. September 1601: Nachts zwischen ein und zwei Uhr ganz schreckliches Erdbeben gewesen, als dass sich über die 50 Mal erschüttelt, die Gebäude und Häuser, und bewegt, dass dieselben geschwankt, gleich wie ein Schiff im Wasser. Zu Offenburg Kamine abgeworfen, Ziegeln ab den Dächern und so erschrecklich, dass auf den hohen Türmen an vielen Orten die Wächter um Hilfe gerufen haben. Ebenmäßig die auf den Gassen umgedirmelt sich an den Pfosten und Häuser begriffen begehrt haben; auch hat man für glaubwürdig gesagt, dass in währendem Erdbeben vielen Kirchen die Glockenschwengel von solcher Gewalt bewegt wurden und etliche Mal an den Glocken geschlagen haben, ab solchem allem die Menschen insgeheim der großen Gewalt und Kraft Gottes sehen und spüren mögen, sich billig von Sünden enthalten“.

 

In der Oberacherner Dorf-Chronik, niedergeschrieben von der Vorderösterreichischen Verwaltungsstelle (Schloss Ortenberg/Kinzigtal), wird außerdem folgende leicht geänderte Beschreibung des Erdbebens gegeben (VOGT 2001), dessen Datum ebenfalls um einen Tag zu ergänzen ist:

 

Ano 1601 uff Monntag nach deß Heiligen Kreützerhöhung, der da wardt der 17. Tag September nach Mitternacht zwischen ein und zwey Uhrn, ist ein graußamer und gantz erschröcklicher Erdbidem geweßen, deßgleychen bey Mansgedenckhen nit erhört worden, also dass derselb sich über die fünffzig Meyl wegs erströckht, Grundt und Boden erschüttelt, die Gebeüw und Heißer gewegt, dass dieselben geschwanckht gleich wie ein Schüff im Wasser. Zuo Offenburg Kamin abgeworffen, Zieglen ab den Dächern und so erschrockenlich, dass auff den hochen Thürmen ahn vil Orten die Wechter umb Hülff geruoffen haben. Ebenmeßig die auff den Gassen umbgedürmelt, sich ahn die Pfosten und Heyßer waß sy begreiffen mögen begert zu Handt haben. Auch hatt man für glaubwürdig gesagt, dass in werenden Erdbidem in vilen Kürchen die Glockhenschwempel von solchem Gewalt bewegt worden und etlich Streych ahn die Glockhen geschlagen haben, ab solchem allem die Menschen in Gemein den grossen Gewalt und Krafft Gottes sehen und spüren mögen, sich billich von Sünden endthalten.“

 

Die o. g. Schilderung stammt vom damaligen Ortschronikschreiber, dem amtierenden Vorderösterreichischen Kanzleischreiber unter dem Vogt Josias STYMNER, und lässt auf ein sehr starkes Erdbeben mit einem Epizentrum im Raume südlich von Achern schließen. Das echte Datum ist jedoch in beiden Schilderungen der 18. September 1601 zwischen ein und zwei Uhr am frühen Morgen, was die Schreiber wegen des gerade vollzogenen Datumswechsels um Mitternacht damals nicht berücksichtigt hatten. Nach Durchsicht der umfangreichen Literatur über die bedeutenden Erdbeben der letzten tausend Jahre kommt man auf eines der stärksten schweizerischen Erdbeben im Kanton Unterwalden (Zentralschweiz) am 18. 09. 1601, dessen Epizentrum südlich des Vierwaldstädter Sees lag, ebenfalls nachts zwischen 1 und 2 Uhr stattfand und über 8 Tote, zahlreiche Verletzte, verheerende Bergrutsche und sogar einen (!) Tsunami von 4m Höhe auf dem benachbarten Vierwaldstätter See mit großen Gebäudeschäden (u. a. in Luzern) verursachte. Das Beben-Epizentrum lag somit 200km südsüdöstlich von Achern entfernt. Das bis zu 500km reichende Erschütterungsgebiet erstreckte sich nach Süden bis zur Poebene (Nord-Italien), nach Norden bis nördlich des Mains(Koblenz-Mainz-Fulda-Frankfut/M.-Aschaffenburg-Würzburg-Bamberg) und verursachte bis auf die Höhe von Karlsruhe-Stuttgart noch erhebliche Gebäudeschäden (MESSEBERICHTE 1601/02; SCHWARZ-ZANETTI et al. 2003). Nach Süden erreichte das Erschütterungsgebiet über den Alpenhauptkamm hinweg den Po mit Turin, Mailand, Padua und Venedig in 250km Entfernung (halbjährliche deutsche Messemitteilungen aus den Jahren Herbst 1601 und Frühjahr 1602 aus dem Institut für Presseforschung der Universität Bremen).

Es könnte sich dabei um einen (trivialen) direkten oder indirekten Domino-Effekt zweier tektonischer Beben gehandelt haben. Das Unterwalden-Beben hatte eine makroseismische Intensität im Epizentrum nach der 12-teiligen Skala (MSK-1964, SPONHEUER1965) von VIII („Wände und Türme von Bauten stürzen ein“), eine Magnitude von 6,2 und entspricht in der Intensität dem berüchtigten und verheerenden Erdbeben von Basel im Jahre 1356, wobei dort der größte Schaden aber erst durch die umfangreichen Feuersbrünste -- als Erdbebenfolge wegen der in die offenen Herdfeuer einstürzende Dach-Holzkonstruktionen -- entstand. Wahrscheinlich ist das Unterwalden-Erdbeben sogar das stärkste Beben der Schweiz in den letzten 1000 Jahren überhaupt. Im Raum Mittelbaden können jedoch auch Schäden der Intensität VIII (MSK-1964) wie im schweizerischen Epizentrum in 250km Entfernung festgestellt werden, was somit kaum als ein Bebenzentrum unter einen Hut zu bringen ist. Auch die o. g. Augenzeugen-Schilderungen (in den Chronik-Texten hervorgehoben) über die Dauer des Erdbebens mit über 50 Stoß-Ereignissen ist recht ungewöhnlich für ein einzelnes tektonisches Beben. Somit könnte das primäre Unterwalden-Erdbeben (Zentralschweiz) sekundär in einem direkten oder indirekten Erdbeben-Domino-Effekt (= EDE, hiermit) den spannungsgeladenen und latent erbebenbereiten Oberrheingraben zu einer zweiten Erdbeben ähnlicher Intensität reaktiviert haben. Ähnliche direkte und indirekte, aber auch latente (Energie aufspeichernde) Erdbeben-Domino-Effekte können im Jahre 2011 bei den starken Erdbebengeschehen in Ostasien (u. a. Neuseeland, Japan, Birma) beobachtet werden.

Die schwachen Erdbeben durch das Basler Hot-Dry-Rock-Projekt an der Jahreswende 2006/07 mit Intensitäten um III (MSK-1964) lösten ebenfalls einen EDE anderer Art durch die künstliche Wassereinpressung zur Aufblätterung des Granites in etwa 5000m Tiefe aus. Auch hier kommt wahrscheinlich ein Beben-Domino-Effekt auf einem niedrigeren Energie-Level zum Tragen. Besser sollte man jedoch bei einem HDR-Projekt (z. B. Basel, Landau) von einem Erdgleiten (hiermit; bisher „stilles Erdbeben“, KEHSE 2008) mit Tremoreffekt sprechen, wie er im Staate Kalifornien (Spätsommer 1999), in Süd-Japan (9/2005), im Staate Washington (1/2007) und in Costa Rica wahrzunehmen war.

Das oben festgestellte Schadbild an der Nikolaus-Kapelle, dass nämlich die Nordwand erhalten blieb, dagegen die südlich davon befindlichen drei Wände einschließlich des Rundturmes zusammenbrachen (Abb. 8, 9, 11 und 12), rührt -- nach dem Eintreffen der primären Erdbeben-Stoßwellen (= P-Wellen) – von den sekundären Transversal-Wellen (= Scher-Wellen) aus dem Süden her, die diese Bauteile dann nach Süden umwarfen. Beim Zusammenbrechen des Turmes fiel das steinerne Helmkreuz nach Nordwesten auf die (heutige) Hauptstraße, wo es dann 300 Jahre bis zum Ende des 19. Jahrhunderts -- wiederaufgerichtet und stark beschädigt – in schiefer Lage stand (Abb. 5). Daraus wurde dann im Volksmund (? kirchlich beeinflusst) ein „Sühnekreuz“, das an das Strafgericht Gottes durch das Erdbeben erinnern sollte, eine wahrscheinlich katholische Werbekampagne nach der gerade erfolgten protestantischen Reformation und den folgenden Bauernkriegen nach 1520: „Honi soit qui mal y pense!“

Erst nach den langwierigen Maueranalysen mit der Fixierung des Verlaufs der damaligen Ruinen-Oberbegrenzungen erfuhr der Autor vom Vorhandensein der restaurierten, zwei mittelalterlichen Freskenreste im Innern der Nord- bzw. der Ostmauer. Beide Freskenreste befinden sich unterhalb der damaligen Ruinen-Oberbegrenzungen, so dass die Maueranalyse zum Erdbebengeschehen dadurch bestätigt werden konnte. Die übrigen Fresken fielen dem Erdbeben von 1601 anheim.

Die vier heute noch vorhandenen Strebepfeiler an den vier Ecken der Nikolaus-Kapelle lassen auf ein vor dem Erdbeben von 1601 bestehendes Dach- Steingewölbe schließen. Das heute vorhandene einfache Satteldach und der baustilfremde metallene Turmhelm sind erst nach dem Wiederaufbau von 1609 bzw. nach dem zerstörerischen Dreißigjährigen Krieg (1618-48) z. T. durch Stiftungen einer ansässigen Bruderschaft errichtet und im Innern ausgestattet worden (z. B. ein Gemälde mit der Darstellung des Hl. Nikolaus von Myra und seinen drei gespendeten Goldkugeln, die auch im Gamshurster Wappen wieder auftauchen). Das Auftauchen der drei Goldkugeln zusammen mit dem Hl. Nikolaus sind somit Belege für die keltisch-irische Missionierung und Kirchengründungen in der nördlichen Ortenau – ausgehend vom Kloster Honau – im 8. Jahrhundert nach Christus. Auch die Nikolaus-Kapelle in Achern war und ist die Gründungskirche für die damaligen Einwohner Acherns und Umgebung. Erst viel später wurden – aufgrund der massiven Hochwassergefahren im Acher-Delta – andere größere Kirchen auf erhöhten Stellen gegründet (z. B. St. Stephan undSt. Johannes in Oberachern sowie Unserer Lieben Frau = ULF in Achern), so dass in diesem Punkt den Aussagen von SCHNEIDER (1974) widersprochen werden muss, der die ULF-Kirche als Gründungskirche Acherns betrachtet.

 

3.5. Das Ulmer Sühne-Kreuz

 

Interessant ist nun ein Vergleich mit einem weiteren „Sühnekreuz“ von (angeblich) 1477 n. Chr. (HUBER 1991, S. 140 ff. und PILLIN 1992, S. 131, nach ZIMMERMANN 1932 aber „1472“) in unserer Heimat, dem „Sühnekreuz“ in Renchen-Ulm (Abb. 15, heute an der Ecke Oberkircher/Mauritius-Straße). Dieses Kreuz hat genau die gleichen Maße wie das oben beschriebene Acherner „Sühne“-Kreuz, besteht jedoch aus einem löchrigen, rotbraunen Sandstein (= Kugelsandstein des höheren Mittleren Buntsandsteins, Trias, ORTLAM 2004, Abb. 6, S. 13) aus der hiesigen Vorbergzone. Beide „Sühne“-Kreuze besitzen sehr wahrscheinlich einen keltischen Ursprung, was auch durch die am Kopf des Ulmer Kreuzes eingemeißelte, jedoch heute kaum noch sichtbare, römische Jahrszahl „DIV“ = 504 n. Chr. belegt wird (Abb. 15), die der Autor zufällig bei abendlichem Schräglicht der untergehenden Sonne entdeckte. Auch wenn die Römischen Ziffern durch den römischen Mönch DIONYSIUS EXIGUUS erst um das Jahr 525 n. Chr. in die christliche Zeitrechnung eingeführt wurden (= Dionysianische Ära), bestehen doch zwei Möglichkeiten zur Erklärung einer (vorzeitigen) Nutzung der Römischen Ziffern für die Zeitrechnung mit römischen Ziffern:

 

n      die Ersteller (= irische Mönche) waren ihrer Zeit um einige wenige Jahre voraus, wie dies heute noch bei der Umstellung von Maßeinheiten vor der offiziellen Einführung in verschiedenen Ländern der Erde beobachtet werden kann.

n      Die Römische Jahreszahl „DIV = 504“ wurde erst später – nach der offiziellen Einführung der Römischen Jahreszahlen in die christliche Zeitrechnung im Jahre 525 n. Chr. -- in das Kreuz eingearbeitet. Eine Nachbearbeitung von Steinkreuzen lässt sich oft beobachten.

 

Abb. 15: „Sühne“-Kreuz der Mauritius-Kirche von Renchen-Ulm, stark beschädigt; tertiär verbracht an die Ecke Mauritius-Straße/Oberkircher Straße; Kugel-Sandstein des oberen Bausandsteins (Mittlerer Buntsandstein, Trias) mit neu entdeckter, römischer Jahreszahl DIV = 504 n. Chr. und einem abwärts gerichteten, sekundär eingemeißelten (?Erdbeben-)Pfeil (Foto: Prof. Dr. Ortlam, Bremen).

 

Das Kreuz stammt also aus der ersten keltisch-gälischen Christianisierungszeit des frühesten Mittelalters. Eine (angeblich gotische) Jahreszahl von 1477 oder 1472 n. Chr. kann optisch nicht nachvollzogen werden, so dass die o. g. Autoren zu korrigieren sind. Vermutlich stammt dieses Kreuz vom Top des (endgültig) im Jahre 1778 abgerissenen Heidenturmes (= Keltenturmes) der Ulmer Kirche und wurde dann an einer anderen Stelle am Ulmer Ortsausgang nach Mösbach als Denkmal neu aufgestellt. Vielleicht hat ja das Starkbeben von 1601 zum Teileinsturz des Ulmer Heidenturmes geführt, so dass das Turmkreuz -- wie beim Acherner Klauskirchl – herabstürzte und dann an eine andere Stelle verbracht wurde. Auf einen Absturz aus größerer Höhe deuten jedenfalls die zahlreichen Beschädigungen, insbesondere am linken und rechten Flügel des Kreuzes hin. Danach wurde es nicht mehr auf den Kirchturm versetzt, sondern vielmehr als Denkmal zur Erinnerung an die schrecklichen Zerstörungen und Opfer des schweren Erdbebens von 1601 als „Sühnekreuz“ aufgestellt. Der (eindeutig nachträglich) angebrachte Pfeil mit der Spitze nach unten weisend könnte ein Hinweis auf das große Erdbeben von 1601 mit seinen gewaltigen vertikalen und horizontalen Erschütterungen sein. Der eindeutig sekundär eingeritzte und vertikal verlaufende Pfeil könnte -- auch wegen seiner Beschädigungen -- tatsächlich auf den Absturz vom Kirchturm hindeuten. Eine bisherige Deutung als Pflugschar kann darin nicht gesehen werden, weil ein Steinmetz diese anders, nämlich naturgetreuer dargestellt hätte. Somit ist dieses Steinkreuz der früheste Jahresbeleg des Ortes Ulm in der heutigen Stadt Renchen mit seiner frühen rechtsrheinischen Christianisierung bereits im Jahre 504 n. Chr. und damit 566 Jahre älter als bisher urkundlich belegt (1070 n. Chr. nach PILLIN 1992). Vermutlich ist die römische Jahreszahl erst sekundär angebracht worden, wie oft auf vielen Kreuzen eine Nachbearbeitung beobachtet werden kann.

 

3.6. Andere Kreuze

 

Ein weiteres (Sühne)Kreuz mit ähnlichen Abmessungen steht am Galgenberg der Gemarkung Kappelrodeck, der früheren Richtstätte ca. 1km westnordwestlich von Kappelrodeck und wird ins 16. Jahrhundert eingestuft (ZIMMERMANN 1932, HIRTH 1988). Es besteht ebenfalls aus Buntsandstein (oberer Bausandstein des Mittleren Buntsandsteins, Trias, ORTLAM 2004, Abb. 6, S. 13) der Vorbergzone und weist einen ähnlichen Pfeil auf, der jedoch gegenüber dem Ulmer Kreuz waagerecht mit der Spitze nach rechts weisend (eindeutig sekundär) eingemeißelt (eingeritzt) wurde (Abb. 16).

 

 

Abb. 16: (Sühne-) Kreuz am Galgenberg 1km westnordwestlich von Kappelrodeck mit beschädigtem linkem Querarm und einem waagerechten (sekundär) eingemeißelten Pfeil nach rechts weisend. Die anderen Verzierungen (Kreuze) sind primär alle erhaben gemeißelt (Foto: Prof. Dr. Ortlam, Bremen).

 

Die übrigen Verzierungen mit drei Kreuzen sind alle erhaben (primär) ausgemeißelt worden. Der linke Flügel des Kreuzes ist stark beschädigt, ähnlich wie das Sühnekreuz am Acherner Klauskirchl. Dies deutet ebenfalls auf einen Absturz aus größerer Höhe hin (?vom ehemals Kappelrodecker St. Nikolaus-Kirchturm mit oktogonalem Grundriss), so dass ebenfalls das Starkbeben von 1601 in die Überlegungen mit einbezogen werden sollte, weil der (später aufgebrachte) Pfeil auf die starken Horizontalbewegungen während des Erdbebens hinweist. Dass die sekundär eingeritzten, eindeutigen Pfeile auf dem Ulmer und dem Kappelrodecker Sühnekreuz Pflugscharen darstellen sollen (HUBER 1991 bzw. HIRTH 1988 und ZIMMERMANN 1932), kann insofern nicht nachvollzogen werden, da beide (sekundär) eingeritzte Figuren eindeutig die strenge spiegelbildliche Symmetrie eines Pfeils aufweisen. Auch die früheren Steinmetze wussten schließlich die Gestalt einer Pflugschar von jener eines Pfeils wohl zu unterscheiden. Auch bei der Bestandsaufnahme der Flur-Steinkreuze in Baden-Württemberg (LOSCH 1972, S. 30) wird diese Pflugschar-These genauso unkritisch übernommen wie die Fehleinschätzung/-ableitung einiger typischer Steinkreuze eindeutig keltisch-gälischer Herkunft (LOSCH 1938, LOSCH 1972, S. 31 und 33) aus der frühmittelalterlichen Christianisierungszeit Mitteleuropas durch die irisch-schottischen Mönche.

 

 

 

Abb. 17: a. Irisch-gälisches Steinkreuz von Oberachern, Ecke Oberkircher Straße/alter Römerweg nach Fautenbach (Originalfundort: Ostspitze des Grundstückes Klumpp); heute aufgestellt vor der Friedhofskapelle in Oberachern, Bausandstein (Mittlerer Buntsandstein, Trias) mit abgebrochenem Kopf- und Fußteil (rechts unten), schrägsymmetrischer Fußpassform sowie erhabenem, 7-strahligem (keltischem) Sonnenrad im Kreuzzentrum, darunter Inschrift „JOH“ rechts vom Kuli auf einer gerahmten Plakette; b. Rückseite des Keltenkreuzes mit (sekundär) eingeritztem, weniger verwittertem Kreuz; c. (sekundäre) Einritzung einer (Königs-)Krone auf dem rechten Kreuzkopf (Maßstab: roter Kuli = 15cm; Fotos: Prof. Dr. Ortlam, Bremen).

 

Gegenüber der Einsegnungskapelle des Friedhofes Oberachern wurde ein am Kopf und am verdickten Fuß stark lädiertes Kreuz aus Bausandstein des Mittleren Buntsandsteins (Trias) von der Vorbergzone nördlich Ottersweier-Hub aufgestellt (Abb. 17a und b). Es wurde 1991 bei Straßenbauarbeiten (Radweg-Neubau) am ehemaligen Schnittpunkt Oberkircher Straße/Fautenbacher Weg (= alte Römerstraße) gegenüber der Fa. Tisch (Oberacherner Bahnhof) vor den Gebäuden der Firma Bieler & Lang aufgefunden und durch Vermittlung von Herrn Hugo HUBER (Achern) an den heutigen Standort verbracht. Das heute 85cm hohe Sandsteinkreuz wurde zum Aufstellen mit einem quadratischen Betonsockel versehen (KREUTZ 2007). Im Original maß das Sandsteinkreuz ~100cm in der Höhe und 75cm in der Breite. Im Zentrum des Kreuzes befindet sich eine typisch keltische Sonnenscheibe (Durchmesser: 40cm) mit 7 Radial-Strahlen in erhabener, stark verwitterter Form, wie sie allenthalben in der Bretagne und in Irland als keltisch-gälische Kreuze vorgefunden werden. Auf der glatten Rückseite ist ein wenig verwittertes, also jüngeres Kreuz sekundär eingemeißelt/eingeritzt worden. Auf dem rechten Kreuzkopf ist außerdem eine Krone (7cm breit, 4cm hoch; Abb. 17c) mit dem gleichen Verwitterungszustand wie das Rückseiten-Kreuz (sekundär) eingearbeitet worden. Der abgebrochene Kopf und die ebenfalls lädierte rechte Fußseite des Kreuzes deuten ebenfalls auf einen Absturz aus größerer Höhe hin, weil die symmetrisch mit 45° zugespitzte Fußbasis auf eine Befestigung auf einer Turmspitze und nicht auf eine Verankerung im Boden hindeutet. Wegen der noch erkennbaren Schriftzeichen „JOH...“ in einer quadratischen Einfassung unter dem Sonnenrad (Abb. 17a) stammt das Sandsteinkreuz vermutlich vom Turm der alten und im 19. Jahrhundert abgebrochenen Johannes-Kirche in Oberachern – wobei der Absturz wahrscheinlich ebenfalls durch das starke Erdbeben vom 18. 09 1601 verursacht wurde. Dieses abgestürzte, keltische Turmkreuz stellte man dann vermutlich als (Sühne-) Kreuz unweit der Johannes-Kirche (~300m entfernt) an einem sternartigen Wegekreuz Fautenbacher Weg (= alte Römerstraße) /Oberkircher Straße/Bölgenweg auf. Es kippte später um, kam unter die Erde und wurde vergessen, bis es 1991 zufällig bei der Errichtung des Radweges entlang der Kreisstraße nach Mösbach wieder aufgefunden wurde. An gleicher Stelle errichtete Herrmann KÖPPEL 1928 ein schmiedeeisernes Kreuz („KÖPPEL-Kreuz“), das zwischenzeitlich unterhalb der Lourdes-Grotte/Quelle (Bienenbuckel) verbracht und wiederaufgestellt wurde.

 

3.7. Wiederaufbau des Acherner Klauskirchls

 

Die völlige Zerstörung Acherns während des nach dem Erdbeben folgenden Dreißigjährigen Krieges erbrachte offensichtlich keine Möglichkeit, die ebenfalls wieder beschädigte Nikolaus-Kapelle wieder zu errichten, so dass auch das schwere und lädierte (Diorit-) Steinkreuz liegen blieb. Nach der Wiedererrichtung der Nikolaus-Kapelle im Jahre 1609 und nach dem Dreißigjährigen Krieg -- z. T. unter Verwendung von jüngeren, zeitmarkierenden Rotziegelsteinen an der Basis der Wiederaufbaulinie der Südwand (Abb. 9a und b) -- wurde dann ein leichteres, eisernes Kreuz auf die Turmspitze verbracht und der Turmhelm aus Metallblech gefertigt. Im Jahre 1671 n. Chr. war dann die Nikolaus-Kapelle endlich wieder voll nutzbar. Auch das direkt anschließende Gebäude der ehemaligen GUNZ-Schmiede (heute: Eiscafé „Venezia“) wurde wieder auf den alten, dicken Acherwacken-Grundmauern aufgebaut, wie dies bei der Renovierung des Gebäudes im Jahre 2007 durch die freundliche Einladung des Hausbesitzers, Herrn Ch. GUNZ (Baden-Baden), vom Autor beobachtet werden konnte.

Das zu Beginn des 20. Jahrhunderts wegen des aufkommenden Verkehrs an eine Stelle rechts vom Eingang versetzte Steinkreuz weist auf der linken Seite erhebliche (Sturz-)Schäden auf (Abb. 14). Auch die Rückseite zeigt erhebliche Schäden und auch deutliche Brandspuren, was auf einen Erdbebenfolge-Brand der Nikolaus-Kapelle schließen lässt.

Das Steinkreuz besteht – wie bereits erwähnt -- aus einem im Nordschwarzwald recht seltenen Gestein: einem (Löcher-)Diorit, der im oberen Laufbachtal sein einziges primäres Vorkommen hat, jedoch als eiszeitliches Geschiebe bis nach Lauf und z. T. bis an den Rhein transportiert wurde. Dieses löchrige Gestein wurde bei der Errichtung der Nikolaus-Kapelle zur Herstellung des Turmkreuzes als petrologische Besonderheit aufgrund der natürlich vorliegenden Näpfchen von den Erbauern auserwählt (Abb. 14).

 

 

 

Abb. 18: a. „Menhir“ (~2,5to) von Greffern: eiszeitliches Erraticum (= Findling), geborgen aus 12m Tiefe im Rhein-nahen Grefferner Baggersee, bestehend aus dem (Löcher-)Diorit des oberen Laufbachtales; b. Ausschnitt mit typischer Diorit-Lochverwitterung (Fotos: F. Grill, Baden-Baden).

 

Im Zentrum von Greffern/Rhein sind heute zwei „Menhire“ zu besichtigen. Interessanterweise besteht auch der größere der beiden „Menhire“ (~2,5to) von Greffern/Rhein – geborgen aus einem naheliegenden Baggersee in etwa 12m Tiefe (freundliche Mitteilung von Herrn FRIEDMANN, Greffern; auch in HIRTH 1991) -- ebenfalls aus diesem seltenen Gestein vom Laufbachtal (Abb. 18a und b), der kleinere „Menhir“ (~1,5to) ist dagegen aus dem Bausandstein (Mittlerer Buntsandstein) der Vorbergzone bei Lauf. Beide „Menhire“ müssen wegen ihrer tiefen Fundlage als eiszeitlich verfrachtete Blöcke („Erratika“, Geschiebe) aus der Vorbergzone des Nordschwarzwaldes angesehen werden -- entgegen bisheriger archäologischer Ansicht -- und wurden sehr wahrscheinlich aus einer mächtigen, im Untergrund des Baggersees befindlichen, prä-risszeitlichen Grundmoräne (>300.000a alt) geborgen, die gleichzeitig auch eine Unzahl von fossilen Eichenstämmen mit Wurzelstöcken enthält. Diese Grundmoräne ist im Untergrund der Oberrheinebene weit verbreitet (ORTLAM 2003 und MARTINI & ORTLAM 2005) und enthielt auch bei einer Ende der 90er Jahre schwierig abgeteuften Brunnenbohrung in Unzhurst in etwa 12m Tiefe einen mächtigen (unüberwindbaren) Findling aus dem Laufbachtal (freundliche Mitteilung von Herrn Bohrmeister BERGER, Achern-Wagshurst).

Neben dem Turmkreuz des Klauskirchls wurde auch anderes Baumaterial aus dem Bereich von Lauf herbeigeschafft wie z. B. der gebrannte Kalkmörtel aus dem Kalkvorkommen von „Aspich“ -- einer mehr als tausendjährigen Kalkgrube (oberer Muschelkalk/Trias, GÖPPERT 1928, BUSSE 1964 und AMBS 2002), die vermutlich bereits von den Römern genutzt wurde -- und Buntsandsteinblöcke aus der Vorbergzone zwischen Lauf und Bühl, die zumindest für die Konstruktion der Fenster-Laibungen ein begehrtes Steinmetz-Material darstellten.

 

4. Mögliche Gründungsgeschichte der nördlichen Ortenau

 

Nach der Gründung des Klosters Honau/Rheininsel durch den Elsässischen Herzog Adalbert aus dem Geschlecht der Etichonen unter der Ägide des Straßburger Bischofs Widigern (710-729 n. Chr.) zusammen mit den rheinaufwärts gekommenen, keltisch-gälischen Mönchen, um das Jahr 720 n. Chr. erfolgte umgehend die Missionierung der nördlichen Ortenau durch diese den Hl. Nikolaus als Schutzpatron verehrenden Mönche, um ihrem 4. Gelübde -- der Missionierung -- unverzüglich Folge zu leisten, trafen jedoch lokal bereits auf christianisierte Gebiete (freundliche Mitteilung von Herrn Dr. N. KROHN, Freiburg/Brsg.).

Die mitteleuropäischen Ströme (z. B. Elbe, Weser, Ems, Rhein von Rhenus, dem keltischen Wassergott) und Flüsse waren damals die günstigsten Reisewege (= Wasser-Autobahnen bzw. Wasser-Strassen der Römerzeit und des frühen Mittelalters), um die damals flächenhaft unbewaldeten Ländereien (z. B. die dichten Erlenbruchwälder der ehemals moorigen Kinzig-Murg-Rinne von Mittelbaden) nach Osten zu durchqueren. Auf diese Weise kamen die vom Schwarzwald dem Rhein zuströmenden Flüsse wie die Acher, die Rench und der Holchenbach-- bei entsprechend höheren Wasserständen z. B. im Frühjahr -- als geeignete Verkehrswege per Einbaum/Nachen für die keltisch-gälischen Mönche des Klosters Honau in Betracht. Die Acher war nur in der flachen Oberrheinebene bis zum Beginn des steileren Acher-Deltas mit dem Einbaum/Nachen befahrbar – bedingt durch die vom geringen Gefälle abhängige kleine Fließgeschwindigkeit. An diesem Kreuzungspunkt des alten (römischen) Straßenüberganges mit der Acher wurde dann die erste (Missions-) Kirche des alten Achera (= Ort am schnell fließendem Wasser; keltisch-gälisch) gegründet. Das gleiche Vorgehen trifft auch auf die Stadt Renchen zu, die sich an einer identischen geomorphologischen Position (= Kreuzung Rench-Delta mit der alten Römerstrasse) befindet.

Auf diese Weise kam es sehr wahrscheinlich nicht nur viel früher als bisher angenommen zur Gründung der bisher auf 1000 n. Chr. eingestuften Heidenkirche (= Nikolauskapelle) im heutigen Rheinau-(Nieder-) Freistett -- an einer damaligen Rheinseitenschlinge gelegen (WIEDERRECHT 1950, LIST 1973) –  der bisher 700 Jahre alten Kapelle St. Nikolaus in Rheinau-Hausgereut (BARTH 1969) direkt am schiffbaren Holchenbach und der bisher 1.000jährigen Nikolauskapelle im Dorfe Honau (KAUSS 1973). Vielmehr kam es wahrscheinlich zuerst zur Errichtung der Nikolaus-Kapelle in Achern zwischen 730 und 740 n. Chr. und danach oder gleichzeitig zur Gründung der ersten Sasbacher Kirche um 750 n. Chr. durch die keltisch-gälischen Mönche des Honauer Klosters (= Schottenkloster). Dadurch erwarb sich das Bistum Straßburg über das Kloster Honau schon frühzeitig Besitztümer auf der rechten Rheinseite in der nördlichen Ortenau (= Mortenau): Sasbach (Sasbacher Tal), Rheinau, vermutlich Achera mit dem Achertal (die fränkisch-alemannische Grenze lag seit der Schlacht bei Zülpich an der Murg-Oos nördlich der Ortenau!), Renchen und Oberkirch (Renchtal) hatten daher bis 1803 n. Chr. das Bistum Straßburg als Herren zu respektieren (PILLIN 1969, 1992 und 1994). Bemerkenswert ist auch, dass die seeerfahrenen irisch-gälischen Mönche des Klosters Honau alle sieben Erstgründungen von kirchlichen Bauwerken in der nördlichen Ortenau dem Hl. Nikolaus von Myra (270-342 n. Chr., jedoch wurden später seine Gebeine geraubt und nach dem italienischen Bari verbracht), u. a. dem Schutzpatron der Kinder, Seeleute/Schiffer und gegen Umwelt-Gefahren, widmeten. Das kann bei dieser Häufung auf so engem Raum kein Zufall sein! Lediglich die Sasbacher Kirche wurde der Hl. Brigida (453-523 n. Chr.) von Kildare (Süd-Irland) geweiht, wobei in Sasbach bereits ein fränkischer Königshof existierte (SCHNEIDER 1983), der u. a. mit zwangsumgesiedelten Sachsen bewirtschaftet wurde. Die weite Verbreitung von inzwischen sieben Nikolaus-Kapellen und deren irisch-gälischen Baustil-Elementen in der nördlichen Ortenau kennzeichnen somit den Arbeitsbereich (= „Wirkungskreis“) der irisch-gälischen Honauer Mönche in beeindruckender Weise. Die Ergrabung der West-Ost ausgerichteten Grundmauern der ersten Bauphase als präromanischer, karolingischer Vorgängerbau (9. Jahrhundert oder früher, PANOWSKY 1974, SCHNEIDER 1974) belegt ebenfalls die bisherigen Ausführungen zu den neuen geowissenschaftlichen Beobachtungen und Belegen des Acherner Klauskirchls.

 

 

Abb. 19: Heidenkirchl (Nikolaus-Kapelle, Keltenkirche) von Rheinau (Nieder-) Freistett (ehemaliges Fischerdorf von Rheinau), frühromanisches Bauwerk (bisherige Alterseinstufung: um 1000 n. Chr.) mit groben Fundamenten aus Rheinwacken, massivem Ziegelmauerwerk von 0,80m Stärke, grau gebrannten Klosterformatziegeln 32 x 16 x 8cm) und einem Buntsandstein-Kreuz auf dem Turm-Ostgiebel (Foto: Prof. Dr. Ortlam, Bremen).

 

Aufgrund des recht ähnlichen Baustils der Nikolaus-Kapellen in (Nieder-)Freistett und Hausgereut (Abb.19 und 20), den mächtigen Turmmauern von 0,7-0,8m Stärke und den typisch keltisch-gälischen Turmhelm-Kreuzen aus rotbraunem Buntsandstein der naheliegenden Lauf-Bühler Vorbergzone dürfte deren Entstehungszeit wahrscheinlich einige Jahrhunderte älter -- als bisher angenommen -- einzustufen sein (8./9. Jahrhundert n. Chr.). Dabei fällt vor allem die Unproportionalität zwischen dem großen, älteren Turm (Mauerstärke 0,8m) mit den beiden Sandsteinkreuzen und dem kleinen, jüngeren Kirchenschiff (Mauerstärke nur 0,5m; gegr. 1288 n. Chr.) bei der Kapelle St. Nikolaus in Hausgereut auf (Abb. 20). Der Turm dürfte daher wahrscheinlich erheblich älter sein. Im Zuge der Errichtung der zahlreichen Nikolaus-Kapellen in der nördlichen Ortenau ist sie sehr wahrscheinlich eine Gründung der gälischen Mönche des Klosters Honau im 8. Jahrhundert n. Chr..

 

 

 

Abb.20: St Nikolaus-Kapelle in Rheinau-Hausgereut mit mächtigem, frühromanischem Turm (Mauerstärke: 0,80m) mit zwei keltisch-gälischen Buntsandstein-Giebelkreuzen und daneben einem unproportioniert kleinen Kirchenschiff (Mauerstärke: 0,50m) von 1288 n. Chr. (Foto: Prof. Dr. Ortlam, Bremen).

 

Der Wiederaufbau der Heidenkirche in (Nieder-)Freistett in den Jahren 1628-30 nach einem Brandschaden (WIEDERRECHT 1950) könnte primär auch auf das gewaltige o. g. Unterwalden-Erdbeben (Zentralschweiz) vom 18. September 1601 zurückzuführen sein. Bisher werden – ohne Belege – nur Zerstörungen zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges für die z. T. massiven Schäden verantwortlich gemacht. Das damalige Kriegsgeschehen spielte sich jedoch vor dem Jahre 1628 keineswegs im Raum Freistett oder Ortenau/Mittelbaden ab (v. GRIMMELSHAUSEN 1668/69 und 1670 u. a.). Ein festgestellter Dachstuhlbrand und dessen Beseitigung im Jahre 1630 (DEMUTH & SCHÜTT 1991) kann auch vom o. g. Erdbeben oder einem Blitzeinschlag ausgelöst worden sein. Die Verwendung kleinerer (jüngerer) Ziegelformate beim 1630er Wiederaufbau – gegenüber den größeren (älteren), grau gebrannten Klosterformatziegeln (32 x 16 x 8cm) – belegt, dass die Heidenkirche nicht nur gebrannt hatte, sondern durch ein außerordentliches Ereignis teilzerstört wurde. Bemerkenswert ist, dass heute vor der Kirche ein Buntsandstein-Taufstein von 1622 n. Chr. positioniert ist. Eine Klärung der Altersfrage könnte durch dendro-chronologische Untersuchungen von alten Balken aus dem Fundamentsbereich  der Heidenkirche ganz einfach herbeigeführt werden und wurde bei der Stadt Rheinau angeregt.

Die keltisch-gälischen Mönche brachten den typischen Kirchenbaustil (Grobsteinmauerwerk, Rundturm als Wehrturm, Steinkreuze als Glaubenssymbol auf dem Kirchengiebel und dem Turm) ihrer Heimat (Abb. 3 und 4) mit und integrierten diesen mit dem örtlich vorhandenen Baumaterial – zugerundete Gerölle aus der Acher im Bereich des Acherdeltas, eckiger, rotbrauner Buntsandstein aus der naheliegenden Vorbergzone zwischen Lauf und Bühl, (gebrannter) Kalkmörtel aus der „Aspich“-Grube westlich Lauf und gebrannte Gelbziegel östlich Ottersweier-Haft („nomen est omen“). Als Krönung wurde auf den west-östlichen Kirchenschiffgiebel der Nikolauskapelle ein Buntsandsteinkreuz und ein (Löcher)-Diorit-Kreuz aus dem Raum Lauf auf deren minarettartigen Wehrturm gesetzt. Es ist bemerkenswert, dass nahezu alle für die Nikolaus-Kapelle herangeschafften Baumaterialien (~25%) – neben dem örtlich vorhandenen Baumaterial (~75%) aus dem ihnen bekannten Acherdelta -- vom geologischen Dunstkreis des Ortes Lauf stammen, was eindeutig von den endemischen, geologischen Gesteinsvorkommen abzuleiten ist. Die Baugeschichte zur Errichtung der Acherner Nikolaus-Kapelle ist also durch mehrere Beweis-Linien aus verschiedenen naturwissenschaftlichen Disziplinen gut abgesichert.

 

5. Zusammenfassung der Ergebnisse

 

Die sehr urtümliche Bauform und –substanz ( u. a. Bachgerölle aus der naheliegenden Acher) des Acherner Klauskirchls wurde einer geowissenschaftlichen Analyse unterzogen. Die bisherige Entstehungszeit des Klauskirchls (13. Jahrhundert oder früher nach JEHLE 1951, erste urkundliche Erwähnung 1318 n. Chr., RUPPERT 1880, G.L.A. Allerh. Cop. I) kann nun aufgrund des typisch keltisch-gälischen Baustils (z. B. identische aus dem frühen Mittelalter stammende Kirchenbauten in Irland, Schottland (in Irland/Schottland gibt es keine Wälder zur Errichtung von Holzbauten!), Bretagne und Wales mit Steinhelmen und -kreuzen) einschließlich des -- während des starken schweizerischen Unterwalden-Erdbebens von 18. 09. 1601 – herabgestürzten (Löcher-) Diorit-Turmkreuzes und dem Einsturz des Turmes auf die keltisch-gälische Missionszeit des auf einer ehemaligen Rheininsel nördlich Straßburg gelegenen Klosters Honau auf das frühe 8. Jahrhundert fixiert werden. Beim Erdbeben fielen die Süd- West- und Ostwände zusammen, dagegen blieb die Nordwand erhalten, auf der innen die Fresken zu sehen sind. Der Turm brach nach Südwesten ein und wurde – stark verkürzt –(unproportioniert) wieder aufgebaut. Das Turmkreuz ist beim Herabstürzen entsprechend einseitig beschädigt und -- bei der damals üblichen Erdbeben-Feuersbrunst – angebrannt worden. Das Kreuz lag dann – wieder schräg aufgerichtet -- über drei Jahrhunderte nordwestlich der wieder restaurierten Kirche am Straßenrand und wurde später als Sühnekreuz oder als Kreuz eines getöteten Soldaten interpretiert, letzteres ist u. a. aufgrund der Gesteinsausbildung auszuschließen. Ähnlichkeiten und Parallelen mit dem Ulmer Sühnekreuz sind frappierend. Das ursprüngliche Geschehen war zwischenzeitlich längst in Vergessenheit geraten, und das Kreuz wurde dann beim Ausbau der Hauptstrasse an der Wende 19./20. Jahrhundert rechts neben die Eingangstür der Nikolaus-Kapelle postiert.

Das Zusammenstürzen der o. g. Gebäudeteile wurde von den extrem starken, nach Norden gerichteten Beschleunigungskräften der sekundären Transversal-Wellen (= Scher-Wellen) des zentralschweizerischen Unterwalden-Erdbebens von 1601 mit der makroseismischen Intensität der Stärke VIII (12-teilige Skala, MSK-1964) -- wahrscheinlich mit einem Beben-Domino-Effekt (BDE, hiermit) -- verursacht.

Ausgehend von der Missionierung der keltisch-gälischen Mönche des Klosters Honau auf einer Rheininsel und unter der Ägide der Etichonen-Herzöge und des Bistums Straßburg in der nördlichen Ortenau, den gleichzeitig von Pippin d. J., Karloman und Karl d. Gr. initiierten Zwangsumsiedlungen (= Deutsche Völkerwanderung, DV, hiermit) der heidnischen Sachsen nach Süddeutschland (u. a. Sasbach = Sachsenbach; bisherige, unbefriedigende Deutung: Sahar = Riedgras) und der bereits christianisierten Franken nach Norddeutschland kann die Gründung des Klauskirchls nun auf das frühe 8. Jahrhundert gelegt werden (etwa zwischen 730 und 740 n. Chr.), was auch den Grabungsergebnissen entspricht (PANOWSKY 1974, SCHNEIDER 1974). Alle sieben Nikolaus-Kapellen in der nördlichen Ortenau: Honau, Hausgereut, Nieder-Freistett, Gamshurst (RENNER 1932), Achern, Renchen (STREICH 1950) und ehemals Kappelrodeck sind also kleine Initial-Kirchen bei der flächenhaften Christianisierung der nördlichen Ortenau. Das Acherner Klauskirchl ist somit in seinen Grundmauern das bisher älteste Bauwerk vom gerade entstehenden Achera (eine römische Gründung ist jedoch sehr wahrscheinlich, da zahlreiche Gutshöfe im Gewann „Lindenbrunnen“, Rosenstraße und städtischem Friedhof belegt sind), der heutigen Großen Kreisstadt Achern, und gut 500 Jahre älter als es bisher datiert wurde, also heute etwa 1270 Jahre alt. Es besteht nun die logische Vermutung, dass das frühe Achera, genauso wie Sasbach, Renchen, Ulm und Oberkirch, im frühen Mittelalter zumindest zeitweise der Hoheit des Bistums Straßburg unterstand (= fränkische Markgrafschaft Mortenau), später jedoch zum Geschlecht der Zähringer und danach zu Vorderösterreich gelangte. Daraus resultieren weitere Forschungsaufgaben für die lokalen Archäologen und Historiker, wozu die neuen geowissenschaftlichen Erkenntnisse nun reichlich Spielräume eröffnen. Aber auch die große Kreisstadt Achern ist gefordert, dem ältesten Bauwerk Acherns nebst der wiederentdeckten Brückenzollsäule mehr Reverenz zu erweisen, indem die Sichtverhältnisse bei Tag (Abbau von zahlreichen Sichtbehinderungen, Café-Sitzplätzen, Verkehrszeichen u. a.) und bei Nacht (Anstrahlung) deutlich verbessert werden könnten. Die Stadt Achern bekennt sich immer noch nicht zu ihrer Geschichte. Was der 2. Weltkrieg nicht vernichtete, das schaffte danach eine mangelnde Stadtplanung beim Abriss des Altgebäudebestandes (z. B. Altbaubestände am Adlerplatz, Fachwerkhäuser in der Eisenbahnstraße und der Kronengasse) in der Kernstadt.

 

6. Danksagung

 

Das Stadtarchiv Achern (Leiterin Frau RUMPF sowie deren Mitarbeiter Herr KELLER und Frau SPITZMÜLLER) und die Firma Capaz G.m.b.H., Oberkirch (Direktor Dr. G. KOCH sowie seinen Mitarbeitern Frau St. FISCHER und Herr J. Huber) unterstützten wohlwollend die langwierigen, interdisziplinären, wissenschaftlichen Untersuchungen, die der Autor vor 50 Jahren im Zuge seiner breit gefächerten geowissenschaftlichen Erkundungen von Mittelbaden begann. Folgende Einzelpersonen gaben dem Autor außerdem noch wichtige Hinweise zur Geschichte der Ortenau: K. BÖNSCH, Großweier, H. BROMBACHER, Achern, A. BÜHLER (+ 2009), Oberachern, W. BÜHLER, Gamshurst, E. FRIEDMANN, Greffern, Dr. W. GALL, Offenburg, F. GRILL, Baden-Baden, H. GROSSHOLZ, Rheinau, Ch. GUNZ, Baden-Baden/Achern, Dr. D. KAUSS, Oberkirch, B. KELLER, Oberachern, D. KNAUER (+), Karlsruhe, Dr. B.-M. KREMER, Freiburg/Brsg., G. KREUTZ, Zell-Weierbach, Dr. N. KROHN, Freiburg/Brsg., J. KÜHNER, Achern, Dr. G. LÖTSCH (+ 2011), Oberachern, Brunhilde LORENZ, Renchen, J. MÜHLAN, Sasbach, A. PANOWSKY, Gernsbach, Dr. H.M. PILLIN, Ottenhöfen, W. ROSENFELDER(+ 2011), Achern, B. SIEFERMANN, Renchen, E. TAKANO-JOHN, Achern, W. ULRICH, Rheinau, Dr. H. J. VOGT, Karlsruhe, R. VOGT, Ottenhöfen, D. WACKER, Rheinau und K. WALZ, Renchen-Ulm.

Herr Dr. G. LEYDECKER (Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, Hannover) überprüfte als profunder Erdbebenfachmann die Erdbebenereignisse aus dem Jahre 1601 und diskutierte das komplexe Erdbebengeschehen mit dem Autor. Das Institut für Presseforschung an der Universität Bremen stellte umfangreiches Material der damaligen ersten Zeitungen an der Wende 16./17. Jahrhundert zur Verfügung, aus denen die Verbreitung und die örtliche Erschütterungsintensität des Domino-Starkbebens Nord-Schweiz/Oberrheingraben in ganz Süddeutschland und bis nach Nord-Italien abgeleitet werden konnte. Wichtige Namenshinweise zur weiten Verbreitung der Seevölker (= Kelten) gab der  Bremer Keltenforscher Herr Dipl.-Ing. H. B. MAASS (+ 2009, ehem. Leiter der Lufthansa-Flugschule in Bremen).

 

7. Literatur

 

AHRENS, Claus (1981): Frühe Holzkirchen im nördlichen Europa. -- Veröff. Helms-Museum, 39, 644 S., zahlreiche Abb., Hamburg-Harburg.

AMBS, Sybille (2002): Geologische und hydrogeologische Untersuchungen in Neusatz (Baden) und Umgebung. – Unveröff. Diplom-Arbeit Uni (TH) Karlsruhe, 121 S., 35 Abb., 14 Bildern, 16 Tab., 1 Kte. 1:10.000, (Institut f. Angewandte Geologie) Karlsruhe.

AUGUSTINUS, Aurelius (413-26): De Civitate Dei - Vom Gottesstaat. – Buch 1-10, Dt. Übersetzung: W. THIMME, 2. Aufl., 623 S., (Artemis) Zürich-München 1978.

BADER, Johann & KIEFER, Christian (~1850): Führer für Fremde durch die Umgebung von Achern. – 21 S., zahlreiche Lithos, (P. Wagner) Carlsruhe.

BARTH, Medard (1969): Kehl und die große Urpfarrei Kork mit seinen Filialen. – Die Ortenau, 49:286-292, (Histor. Verein Mittelbaden) Offenburg/Baden.

BÖNSCH, Karl (1985): Großweier im Wandel der Zeit (Ortschronik). – 88 S., zahlreiche Abb., Herausgeber: Stadt Achern-Großweier (Achertäler) Kappelrodeck.

BROMBACHER, Horst (2001): Aus der Acherner Kirchengeschichte. – Acherner Rückblicke, 1/2001:9-31, 8 Abb., (Felder) Rheinau-Honau.

BURG, André Marcel (1978): Kloster Honau. – Ein geschichtlicher Überblick. – In: W. MÜLLER „Die Klöster der Ortenau“, Die Ortenau, 58:202-214, 4 Abb., (Histor. Verein Mittelbaden) Kehl/Rhein.

BUSSE, Reinhold (1964): Kartierung und Beschreibung der Vorbergzone und des Schwarzwaldrandes zwischen Bühl und Achern. – Unveröff. Diplom-Arbeit Uni Heidelberg, 55 S., 7 Abb., 1 Kte. (1:10000), (Geologisches Institut) Heidelberg.

DESCOMBES, René (1978): Les inondations du Rhin. – Passage, 4:12, Gambsheim.

DESCOMBES, René (1979): Les inondations du Rhin. – Passage, 5:20, Gambsheim.

DEMUTH, Walter & SCHÜTT, Kurt (1991): Das Heidenkirchl in Freistett. – 14 S., 1 Abb., (Felder) Rheinau-Honau.

DUGRILLON, Max (1998): Joachim Kupferer – Der Vogt zu Erlach. – 103 S.,(Selbstverlag) Achern-Mösbach.

EBERL, Immo (1982): Das Iren-Kloster Honau und seine Regel. - In: H. LÖWE „Die Iren und Europa im frühen Mittelalter“, Bd. 1:219-238, Stuttgart.

FELL, Barry (1982): Bronze Age America. – 304 S., zahlreiche Abb., Tab. und Taf., (Little & Brown) Boston, Toronto.

FELL, Barry & MAASS, Heinz B. (1999): Deutschlands Urahnen - Nordische Schriftzeugnisse und atlantische Seefahrt der Bronzezeit (2. Aufl.). -- Bd. I: 142 S., zahlreiche Abb. und Tab., (Stedinger) Lemwerder.

FELL, Barry & MAASS, Heinz B. (2003): Deutschlands Urahnen – Nordische Schriftzeugnisse und atlantische Seefahrt der Bronzezeit. -- Bd. II: 96 S., zahlr. Abb. und Tab., (Stedinger) Lemwerder.

FESTSCHRIFT ACHERN (1950): 900 Jahre Achern-Oberachern 1050-1950. -- 72 S., zahlreiche Abb., (A. Reiff & Cie) Offenburg/Baden.

GEMEINDE GAMSHURST (2007): Gamshurst – Informationen rund ums Dorf für neue Einwohner. -- 18 S., (Gde. Gamshurst) Gamshurst.

GLASER, Rüdiger & HAGEDORN, Horst (1990): Die Überschwemmungs-Katastrophe im Maintal. –Die Erde, 121: 1-14, 2 Abb., 6 Fig., Würzburg.

GÖPPERT, Joseph (1978): Frühes Mönchstum am Oberrhein. -- Die Ortenau, 58:13-86, 10 Abb., (Histor. Verein Mittelbaden) Offenburg/Baden.

GÖPPERT, Otto (1928): Geologische Untersuchungen in der Vorbergzone zwischen Bühl und Achern in Baden. – Ber. Naturf. Ges. Freiburg/Brsg., 28, 2:408-450, 1 Taf., 1 Kte., Freiburg/Brsg.

GRIMMELSHAUSEN, Hans Jakob Christoffel von (1668/69): Der Abentheurliche Simplicissimus Teütsch. – 2 Bde., 618 S. und Cont., zahlreiche Illustr.,(W. E. Felßecker) Nürnberg. Als Pseudonym: German Schleifheim von Sulsfort (Johann Fillion) Monpelgart 1679.

GRIMMELSHAUSEN, Hans Jakob Christoffel von (1670): Trutz Simplex: Oder ausführliche und wunderseltzame Lebensbeschreibung der Ertzbetrügerin und Landstörtzerin Courage. – zahlreiche Illustr., (Utopia) Nürnberg. -- Deutsche. Fassung: Die Lebensbeschreibung der Erzbetrügerin und Landstörzerin Courasche mit Zeichnungen von Gerhart KRAAZ. – 198 S., (Langen/Beck) München 1923/1989.

HIRTH, Adolf (1988): Kleinode am Weg. – 155 S., zahlreiche Abb., (Achertäler) Kappelrodeck..

HIRTH, Adolf (1991): Heimatbuch Greffern, III. Teil – 224 S., zahlreiche Abb. und Tab., (Gde. Rheinmünster) Rheinmünster.

HUBER, Hugo (1991): Das Acherner Klauskirchel – Symbol der Hornisgrindestadt. – Der Sasbacher, 1991:105-109, 3 Abb., (Heimschule Lender, Sasbach) Bühl/Baden.

HUBER, Ludwig (1991): Lebendige Zeugen der Vergangenheit. Wegkreuze, Bildstöcke, Gedenk- und Grenzsteine in der Raumschaft Renchen, Ulm und Erlach. – 153 S., zahlreiche Abb., (Grimmelshausen-Schule) Renchen.

HUGGLE, Ursula & OHLER, Norbert (1998): Maße, Gewichte und Münzen. – 131 S., 47 Abb., Tab., 1 Taf. (Konkordia) Bühl/Baden.

JEHLE, Edmund (1949): Aus Acherns Vergangenheit. – Festschrift z. 90. Stiftungsfest d. Kolpingfamilie Achern, 18 S., Achern/Baden.

JEHLE, Edmund (1951): Zwei ehrwürdige Jubilare mit 650 und 500 Jahren – das Acherner Klausenkirchel und die Liebfrauenkirche in Achern. – 36 S., 4 Abb., (A. Reiff & Cie) Offenburg/Baden.

JEHLE, Edmund (1955): Achern – Gesammelte Aufsätze. – 288 S., (Reiff & Cie) Offenburg/Baden.

KAUSS, Dieter (1973): Kaplanei und Kirche in Honau. – Die Ortenau, 53:120-125, 2 Abb., (Histor. Verein Mittelbaden) Offenburg/Baden.

KEHSE, Ute (2008): Stille Beben – ein Warnsignal. – Bild d. Wiss., 3/2008:52-55, 4 Abb., Stuttgart.

KLEIN, Kurt (Verfasser, 1980): Land um Rhein und Schwarzwald. – 4. Aufl., 599 S., zahlreiche Abb. und Tab., (Morstadt) Kehl/Rhein.

KNAUER, Dietrich (1990): Schalensteine als Schriftträger. – Erforschung, Ergebnisse. – 308 S., zahlreiche Abb., 2 Tab., 2 Taf., (Selbstverlag) Karlsruhe.

KREUTZ, Gernot (2007): Die Erfassung der Kleindenkmale im Ortenaukreis – Ergebnisse des Projekts.—Die Ortenau, 87:481-498, 28 Abb., (Histor. Verein Mittelbaden) Offenburg/Baden.

LIST, Karl (1973): Das Heidenkirchle in Freistett. – Die Ortenau, 53:159-163, (Histor. Verein Mittelbaden) Offenburg/Baden.

LOSCH, Bernhard (1938): Bestandaufnahme der Steinkreuze in Mittelbaden. – Die Ortenau, 25:145-180, zahlr. Abb., (Histor. Verein Mittelbaden) Offenburg/Baden.

LOSCH, Bernhard (1972): Die Flur-Steinkreuze in Baden-Württemberg. – Denkmalpflege Bad.-Württemberg, 1:28-38, zahlreiche Abb., Stuttgart.

MARTINI, Erlend & ORTLAM, Dieter (2005): Neue Tertiärvorkommen im mittleren Oberrheingraben und ihre Bedeutung für pleistozäne (Rinnen-) Strukturen. – 20 S., 10 Abb., 1 Tab., publiziert im Internet unter www.dr-ortlam.de.

MESSEBERICHTE (1601/02): Halbjährige Zeitungsmitteilungen von Ende 1601 und Frühjahr 1602. – Archiv des Institutes für Presseforschung der Universität Bremen.

MÜLLER, K. (1978): Die Klöster der Ortenau. – Die Ortenau, (Klosterband), 58, 646 S., zahlreiche Abb., (Histor. Verein Mittelbaden) Offenburg/Baden.

ORTLAM, Dieter (1965): Zur Geologie der Umgebung von Achern. – In: E. Jehle: Aus der Geschichte der Stadt Achern. Geologische Umgebung. – Bühler Blaue Hefte, 14:64-66, 1 Abb., (Konkordia) Bühl/Baden.

ORTLAM, Dieter (2003): Die Wiege des Turenne-Denkmals im Lichte neuester Glazialforschungen im Nordschwarzwald. – Die Ortenau, 83:393-418, 22 Abb., 1 Tab., (Histor. Verein Mittelbaden) Offenburg/Baden.

ORTLAM, Dieter (2004): Der Ursprung der Acher (Nord-Schwarzwald) auf der Basis historischer Recherchen sowie der Genese des Ruhesteins (Schwarzwaldhochstraße). – Acherner Rückblicke, 3:9-28, 17 Abb., (Stadtarchiv/Achertäler) Achern/Kappelrodeck.

ORTLAM, Dieter (2008): Das Acherner Klauskirchl, die Sühnekreuze und das Starkbeben von 1601.—Älteste keltisch-gälische Zeugnisse der nördlichen Ortenau. – Geowissenschaftliche Aspekte und Ergebnisse. – Acherner Rückblicke, 4:9-42, 20 Abb., (Stadtarchiv/Achertäler) Achern/Kappelrodeck.

ORTLAM, D. (2012): Die Entwicklung der Eisverhältnisse an den Erdpolen und deren Konsequenzen zum Meeresspiegelanstieg. – 19 S., 9 Abb., publiziert im Internet unter www.dr-ortlam.de.

PANOWSKY, Alfred & SCHNEIDER, Hugo (1974): Restaurierung und Geschichte der Nikolauskapelle in Achern. – Faltblatt zur Wiedereröffnung (Kath. Kirchengemeinde) Achern/Baden.

PFISTER, Christian & HÄCHLER, Stefan (1991): Überschwemmungskatastrophen im Schweizer Alpenraum seit dem Spätmittelalter. – Würzburger Geogr. Arb., 80: 127-148, 3 Abb., 3 Fig., 1 Tab., Würzburg.

PILLIN, Hans-Martin (1969). Die rechtsrheinischen Herrschaftsgebiete des Hochstifts Straßburg im Spätmittelalter. – Die Ortenau, 49:262-287, (Histor. Verein Mittelbaden) Offenburg/Baden.

PILLIN, Hans-Martin (1992): Die Grimmelshausenstadt Renchen und ihre Geschichte. Bd. I, Von den Anfängen bis zum Ende der bischöflich-straßburgischen Herrschaft im Jahre 1803. -- 165 S., zahlreiche Abb. und Tab., (Reiff) Offenburg/Baden.

PILLIN, Hans-Martin (1994): Die Schenkung von 1070 an das Hochstift Straßburg und daraus entstandene Hoheitsrechte der Bischöfe von Straßburg in der Ortenau. – Die Ortenau, 74: 221-228, 4 Abb., (Histor. Verein Mittelbaden) Offenburg/Baden.

PILLIN, Hans-Martin (1997): Achern – eine Stadt und ihre Geschichte. Bd. I, Die Geschichte Acherns und Oberacherns von den Anfängen bis zum Scheitern der Badischen Revolution im Jahre 1849. – 183 S., zahlreiche Abb., 1 Klapptaf., (Acheron) Achern/Baden.

PITON, Frédéric Théodore (1855): Strasbourg illustre ou panorama pittoresque, historique et statistique de Strasbourg et ses environs.—2 Bde., 377 S. bzw. 230 S., 76 Lithos, 4 Taf., 1 Kt., Bd. 2, Chapitre: Pays de Bade, 46 S., (G. Silbermann) Strasbourg.

RENNER, Anna-Maria (1932): Die Geschichte der Pfarrei und Kirche zu Gamshurst. – Die Ortenau, 19:145-160, 3 Abb., (Histor. Verein Mittelbaden) Offenburg/Baden.

RUPPERT, Philipp (1880): Kurze Geschichte der Stadt Achern. – 164 S., (Selbstverlag) Achern/Baden.

SCHNEIDER, Hugo (1974): Die Nikolauskapelle in Achern. – Die Ortenau, 54:160-167, 1 Abb. (Histor. Verein. Mittelbaden) Offenburg/Baden.

SCHNEIDER, Hugo (1978): Geschichte des Klosters Allerheiligen. – Die Ortenau, 58:1-40, 2 Abb., (Histor. Verein Mittelbaden) Offenburg/Baden.

SCHNEIDER, Hugo (1983): Die kirchlichen Verhältnisse in Achern von den Anfängen bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts. – Die Ortenau, 67:294-327, 6 Abb., (Histor. Verein Mittelbaden) Offenburg/Baden.

SCHNEIDER, Hugo (1985): Die Erhebung Acherns zur Stadt (1808). – Die Ortenau, 65: 197-204, 2 Abb., (Histor. Verein Mittelbaden) Offenburg/Baden.

SCHWARZ-ZANETTI, Gabriela, DEICHMANN, Nicolas, FÄH, Donat, GIARDINI, Domenico, JIMINEZ, Marie-José, MASCIARDRI, Virgilio, SCHIRLER, Reto & SCHNELLMANN, Michael (2003): The earthquake in Unterwalden on September 18. 1601: A historico-critical macroseismic evaluation. – Eclogae geol. Helv., 96: 441-450, 4 figs., 1 tab., (Birkhäuser) Basel.

SPONHEUER, Wilhelm (1965): Bericht über die Weiterentwicklung der seismischen Skala (MSK-1964). -- Dt. Akad. d. Wiss., Veröff. Inst. Geodynamik Jena, H. 8: 4 Tab., (Akademie) Berlin.

STREICH, Hermann (1950): Rund um den Renchener Schloßberg. – Festschrift z. Feier d. Wiederverleihung d. Stadtrechtes an Renchen, S. 16-41, 3 Abb., (Stadtverwaltung) Renchen.

STREIT, Jakob (1986): Sonne und Kreuz. – Irland zwischen Megalithkultur und frühem Christentum. – 212 S., zahlreiche Abb., 45 Taf., (Freies Geistesleben) Stuttgart.

TEICHMANN, Wilhelm (1934): Abschrift der Ortschronik von Oberachern. – Unpubliziertes Manuskript-Original im Stadtarchiv Achern/Baden.

UNTERACHERNER DORFBUCH (1688): Unpubliziertes Original-Manuskript (Zeitraum 1492-1688), 140 S., Stadtarchiv Achern.

VOGT, Reiner (2001): Das Dorfbuch von Oberachern.—Die Ortenau, 81:129-146, 5 Abb., (Histor. Verein Mittelbaden) Offenburg/Baden.

WIEDERRECHT, Martin (1950): Beiträge zur Heimatkunde am Oberrhein. – I.:6-27, 6 Abb., (Morstadt) Kehl/Rhein.

WOEHLKENS, Erich (1954): Höchst merkwürdige Ähnlichkeiten. – Der Heidewanderer, :17, 1 Abb., 10. 11. 1954.

ZIMMERMANN, Walther (1932): Steinkreuze in der Umgebung von Achern. – Mein Heimatland, 19:214-218, 3 Abb., Freiburg/Brsg.

 

 

Erst-Publikation: 2009; Fassung: 02/2014

 

*Anschrift des Autors und Copyright: Dir. u. Prof. Dr. Dieter ORTLAM, Dipl.-Geologe, Postfach 102701, D-28027 Bremen.